Beifall für María Corina Machado ist ein gewohntes Geräusch auf Venezuelas Strassen. Die studierte Industrie-Ingenieurin setzt sich seit Jahrzehnten für mehr Demokratie in Venezuela ein.
Mutig tritt sie 2012 als Präsidentschaftskandidatin gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chávez an – und bietet ihm während einer Ansprache zur Lage der Nation die Stirn.
Kritik ist unerwünscht
Chávez – bekannt für seine langen Reden – hatte bereits rund acht Stunden durchgesprochen, als Machado ihn vor laufenden Fernsehkameras unterbrach.
«Herr Präsident, wir hören ihnen jetzt seit acht Stunden zu, wie sie ein Land beschreiben, das den meisten von uns völlig fremd ist. Wie können Sie behaupten, dass die Privatwirtschaft respektiert wird, während sie Firmen verstaatlichen und ausrauben?», sagte sie.
«Werden sie doch erstmal Präsidentin, bevor sie mich kritisieren», antwortete Chávez. «Sie haben nicht meinen Status.» Kritik ist vom Regime unerwünscht.
Verstaatlichung und Misswirtschaft
Die Folgen der Verstaatlichung hat Machados Familie am eigenen Leib miterlebt: Ihr Vater war Vorsitzender des zweitgrössten Stahlproduzenten des Landes, bis Chávez die Firma verstaatlichte. Das tat er auch mit der Ölindustrie. Venezuela hat eines der grössten Ölvorkommen der Welt. Das spült Geld in die Kassen des Regimes.
Chávez politischer Ziehsohn und Nachfolger Nicolás Maduro regiert im gleichen Stil seit 2013 weiter: links-autoritär, anti-demokratisch, repressiv. Seit er regiert, haben fast acht Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner ihr Land verlassen.
Oppositionelle wie María Corina Machado lässt Maduro brutal verfolgen. Trotzdem gibt Machado nicht auf: «Herrn Maduro kann ich nur sagen, dass die Venezolanerinnen und Venezolaner mir als Wähler das Recht gegeben haben, Parlamentarierin zu werden und deshalb trete ich an.»
Eine beliebte Parlamentarierin
Bis 2014 ist Machado Parlamentarierin. Sie ist beliebt und damit eine Bedrohung für das Regime. Machado beruft sich auf das Prinzip des zivilen Ungehorsams, welches den Widerstand gegen Tyrannei mit friedlichen Mitteln erlaubt.
Trotzdem wirft ihr die Maduro-Regierung vor, einen Staatsstreich geplant zu haben. Sie wird von der regimetreuen Justiz wegen Verschwörung angeklagt und später vom obersten Gericht des Landes verurteilt – wegen angeblicher Korruption und weil sie Sanktionen gegen das Maduro-Regime unterstützte.
Aufgrund des Urteils darf Machado bei der Präsidentenwahl 2024 nicht antreten. Stattdessen unterstützt sie lautstark die Kandidatur von Edmundo González. «Es heisst das Regime werde nicht abtreten – aber wir werden dafür sorgen, dass es abtreten muss», sagte sie im Wahlkampf.
Mehrere Mordanschläge überlebt
Und tatsächlich hat González die Wahl letztes Jahr gewonnen, auch laut vielen Regierungen auf der Welt. Trotzdem blieb Nicolás Maduro im Amt. Bis heute hat er keine Beweise vorgelegt für seinen angeblichen Wahlsieg.
Machado hat inzwischen mehrere Mordanschläge überlebt: Schüsse oder durchschnittene Autobremsschläuche. Ihre drei Kinder leben wegen Todesdrohungen im Ausland. Auch Machados genauer Aufenthaltsort ist ein Geheimnis.
Irgendwo in Südamerika klingelte heute Morgen ihr Telefon: ein Anruf vom Nobelpreis-Komitee.