Das ist passiert:
Wegen des Gaza-Konflikts ist es in Russlands muslimisch geprägtem Nordkaukasus verstärkt zu antijüdischen Übergriffen gekommen. In der russischen Teilrepublik Dagestan, in der Stadt Machatschkala, drang eine Menschenmenge in den Flughafen ein, weil dort ein Flugzeug aus Tel Aviv gelandet war. Angeblich sollen sich darin Flüchtlinge aus Israel befunden haben. Zahlreiche Menschen begaben sich zudem auf das Flugfeld.
Verletzte und Festgenommene:
Bei dem Vorfall seien mehr als 20 Menschen verletzt worden, darunter Einsatzkräfte der Polizei sowie Zivilisten. Zehn Menschen seien im Krankenhaus behandelt worden, zwei von ihnen befänden sich in kritischem Zustand, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf das örtliche Gesundheitsministerium. 60 Personen seien vorläufig festgenommen worden und die Identität von 150 Aktivisten sei festgestellt worden, so die Newsagentur Ria. Der Flughafen wurde geräumt. Er soll bis am 4. November geschlossen bleiben.
Einschätzung des Russland-Korrespondenten
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Laut Russland-Korrespondent Calum Mackenzie war es ein Gerücht, dass im Flugzeug Flüchtlinge aus Israel sassen – und das sich im Nachhinein als falsch herausstellte.
«Damit wurden die Menschen aufgestachelt. Inwiefern im Nordkaukasus Antisemitismus verbreitet ist, ist schwierig zu sagen. Aber dieser Mob war klar antisemitisch motiviert. Der Nordkaukasus ist muslimisch geprägt, jedoch leben seit Jahrhunderten auch jüdische Gemeinschaften dort. Lange gab es eine friedliche Koexstienz. Aber in den letzten 25 Jahren, seit den Konflikten nach dem Fall der UdSSR, hat sich der radikale Islamismus in der Region immer mehr ausgebreitet.
Hinzu kommt, dass sich der Kreml israelkritisch gibt und sich jüngst mit der Hamasführung getroffen hat. Diese offizielle Haltung wird die antisemitischen Aktionen bis zu einem gewissen Grad legitimiert haben. Dagestan gehört zu den ärmsten Regionen Russlands, dort werden auch überdurchschnittlich viele Männer für den Kriegsdienst eingezogen. Das sorgt für enorme Spannungen, und möglicherweise haben sich die Spannungen in dieser antisemitischen Form entladen, weil die Angreifer den Eindruck hatten, das sei von den Behörden «erlaubt».
Normalerweise werden Proteste in Russland brutal unterdrückt. Dass die Menschenmenge ungehindert in den Flughafen eindringen konnte, macht zwei Faktoren deutlich: Der Nordkaukasus war für die russische Macht zum einen schon immer ein schwieriges Pflaster. Letztes Jahr fanden gerade in Dagestan die heftigsten Demonstrationen gegen die Mobilmachung für den Krieg statt. Zum anderen sieht man, dass die russischen Behörden auf unerwartete Herausforderungen nicht vorbereitet sind, ähnlich wie beim Aufstand der Wagner-Gruppe. Es gibt in den Sicherheitskräften keine Kultur, selbständig zu handeln, weil alles so zentralisiert ist.»
Das ist andernorts geschehen:
Bereits am Samstag umringte eine Menge aufgebrachter Menschen ein Hotel in der Stadt Chasawjurt in Dagestan. Dies, weil das Gerücht kursierte, in dem Hotel seien Flüchtlinge aus Israel untergebracht. Die staatliche Agentur Ria bestätigte diesen Vorfall. Nach örtlichen Berichten drangen mehrere Dutzend Männer in das Hotel ein, um angeblich die Pässe der Hotelgäste zu kontrollieren. Die Polizei riegelte das Hotel ab.
Auch in in anderen russischen Teilrepubliken kam es zu antijüdischen Aktionen. In Naltschik wurden am Sonntag Reifen neben einem jüdischen Kulturzentrum im Bau angezündet, wie die Nachrichtenagentur Ria meldete. Das Gebäude wurde nach Angaben der Sicherheitsbehörden der Teilrepublik Kabardino-Balkarie mit extremistischen Losungen beschmiert. Fotos zufolge stand dort «Tod den Juden». In der Teilrepublik Karatschajewo-Tscherkessien riefen Demonstranten dazu auf, die örtliche jüdische Bevölkerung auszusiedeln.
Der Antisemitismus hat keinen Platz im multiethnischen Nordkaukasus.
Das sagen die Behörden vor Ort:
Der Republikchef von Dagestan, Sergej Melikow, rief die Bevölkerung auf, sich nicht von Extremisten aufstacheln zu lassen. «Wegen der Fakes, die von unseren Feinden verbreitet werden, waren einige noch ganz junge Leute drauf und dran, die Gesetze zu verletzen», schrieb er auf Telegram. Auch die islamische Geistlichkeit der Region stellte klar: «Der Antisemitismus hat keinen Platz im multiethnischen Nordkaukasus.»
Kreml beruft Sitzung zur Sicherheitslage ein
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Vor dem Hintergrund der Fernsehbilder von dem «Horror» im Gazastreifen sei es «sehr leicht, die Situation zu missbrauchen, dies zu provozieren, die Leute aufzubringen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut russischen Nachrichtenagenturen.
Als Reaktion hat Wladimir Putin am Montagabend eine Sitzung zur Sicherheitslage und zu Destabilisierungsversuchen des Westens abgehalten. Thema der Sitzung, an der die Regierung sowie die Vertreter des russischen Sicherheitsapparates teilnahmen, waren «die Versuche des Westens, die Lage im Nahen Osten dazu zu nutzen, eine Spaltung der russischen Gesellschaft herbeizuführen».
Putin hat die Ausschreitungen genutzt, um Vorwürfe gegen den Westen zu machen. Im Anschluss an die Sitzung machte er «die herrschenden Eliten in den USA» und «ihre Satelliten» für die Tötung von Palästinensern im Gazastreifen wie auch die Entwicklungen in der Ukraine, im Irak und in Syrien verantwortlich. Die westlichen Geheimdienste und die Regierung in Kiew seien zudem «mitverantwortlich» für die Erstürmung des Flughafens in der russischen Kaukasusrepublik Dagestan durch einen anti-israelischen Mob.
So reagiert Israel:
Zuvor hatte Israel am Sonntag die russischen Behörden zum Schutz seiner Staatsbürger aufgefordert. Es werde erwartet, «dass die russischen Strafverfolgungsbehörden die Sicherheit aller israelischen Bürger und Juden gewährleisten und entschlossen gegen Randalierer und wilde Aufwiegelung gegen Juden und Israelis vorgehen», teilten das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie das israelische Aussenministerium gemeinsamen mit.
Das sagen die USA:
Der Nationale Sicherheitsrat der USA verurteilte «die antisemitischen Proteste» in Dagestan, schrieb Sprecherin Adrienne Watson in der Nacht zum Montag auf der Plattform X.
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