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Organisationen unter Druck Sechs NGOs auf Terrorliste: Israel liefert fragliche Beweise

Was den Hilfswerken konkret vorgeworfen wird, ist unklar. Die USA und die EU wollten Beweise, die Israel nun vorlegt.

Um was geht es? Ende Oktober hat ein Entscheid in Israel für Kritik im In- und Ausland gesorgt. Verteidigungsminister Benny Gantz hat sechs palästinensische Menschenrechtsorganisationen als Terrorgruppen eingestuft. Darunter auch die älteste Menschenrechtsorganisation in den Palästinensergebieten, Al-Haq. Der Entscheid fiel aufgrund geheimer Grundlagen, wie das Ministerium erklärte.

Welchen Beweis lieferte Israel? Am Mittwoch wurde in Israel eine spanische Staatsbürgerin zu 13 Monaten Haft verurteilt. Ihr wird vorgeworfen, sie habe unter dem Deckmantel eines Hilfswerkes eine Terrororganisation finanziert.

Ist der Fall der Beweis, dass über NGOs Terror unterstützt wird? Nein. Israel sei es nicht gelungen, den Beweis zu präsentieren, dass über palästinensische Nichtregierungsorganisationen systematisch Terrororganisationen finanziert werden, erklärt SRF-Nahostkorrespondentin Susanne Brunner.

Welche Gründe sprechen dagegen? Susanne Brunner nennt mehrere Gründe. So habe diese spanische Staatsbürgerin keine Verbindungen zu den sechs palästinensischen Organisationen gehabt. Sie habe für eine andere Organisation gearbeitet. Zudem sei das Geständnis der Angeklagten unter zweifelhaften Umständen zustande gekommen. Das hat inzwischen selbst das Gericht bestätigt. Weiter zeige das Strafmass von 13 Monaten, dass die israelischen Ankläger selbst den Fall nicht als Beweis genug betrachte.

Porträt von Benny Gantz
Legende: Die Argumente von Benny Gantz (im Bild) reichen nicht. Bereits in zwei Wochen könnte die Verurteilte wieder auf freiem Fuss sein, weil ihr die abgesessene Untersuchungshaft angerechnet wird. Reuters

Was verbindet die sechs Hilfswerke auf der Terrorliste? Sie dokumentieren Menschenrechtsverletzungen der israelischen Sicherheitskräfte und setzen sich für die Rechte der Bevölkerung in den besetzten palästinensischen Gebieten ein, unter anderem mit Rechtsberatung. Die Organisationen haben mit dazu beigetragen, dass der internationale Strafgerichtshof in Den Haag gegen die Hamas und gegen Israel wegen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Gazakrieg von 2014 ermittelt. Für Israel ist das Antisemitismus und Hetze.

Ein Mann läuft neben einem «Al-Haq»-Logo an einer Wand vorbei
Legende: Auch Al-Haq ist auf der Terrorliste. Sie dokumentiert nicht nur Menschenrechtsverletzungen der Israelis, sondern auch der Palästinensischen Autonomiebehörde. Keystone

Was bedeutet der Eintrag auf der Terrorliste für die Hilfswerke? Die Organisationen seien laut der Nahostkorrespondentin schon lange unter Druck. «Die Organisationen müssen damit rechnen, dass sie jederzeit aufgelöst werden können oder dass sie keine oder weniger Spenden bekommen.» Israel kennt zudem die Administrativhaft. Über 500 Menschen sitzen, teils seit Jahren, ohne Anklage oder Gerichtsprozess in israelischen Gefängnissen – die meisten Palästinenserinnen und Palästinenser. Auch das droht den Mitarbeitenden der NGOs.

Wie eng sind die Verbindungen der Hilfswerke oder deren Mitarbeitenden mit militanten Organisationen? «Wenn diese Hilfswerke im grossen Stil als Deckmantel für Verbindungen zu Terrororganisationen dienen würden, hätte Verteidigungsminister Benny Gantz die Beweise dafür einfach offenlegen können», sagt Brunner. Das tat er nicht. Zudem würden ihnen Verbindungen zur Volksfront zur Befreiung Palästinas PFLP vorgeworfen – einer Organisation, die seit dem Scheitern der Oslo-Friedensverhandlungen gar nicht mehr so relevant ist. «Es ist nicht die Rede von Verbindungen zur Hamas.» Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass es in diesen Organisationen schwarze Schafe gibt.

Wie sind die Reaktionen in Israel? Selbst in Israel gebe es Kritik. «Der Verteidigungsminister hat Israel nicht gedient, indem er diese Organisationen auf die Terrorliste setzen liess. Man ist sich ziemlich einig: Eine imminente Gefahr für Israel stellen diese sechs Organisationen nicht dar», so die Nahostkorrespondentin.

Echo der Zeit, 17.11.2021, 18 Uhr ; 

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