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Oscar für «Nomadland» Chloé Zhao: Vom Stolz Chinas zur Zielscheibe des Hasses

Anstatt sich über den Oscar-Erfolg von Chloé Zhao zu freuen, zeigt ihr das offizielle China die kalte Schulter.

«Die Menschen sind bei ihrer Geburt gut», zitierte Chloé Zhao auf der Oscar-Verleihung aus einem chinesischen Gedicht. Auch wenn es manchmal schwierig sei, glaube sie an das Gute im Menschen. Es sind Worte voller Versöhnung und Hoffnung.

Noch schweigen die offiziellen chinesischen Medien zum Sieg Zhaos. Dabei wurde sie im Februar noch bei den Golden Globes von den Staatsmedien als «Stolz Chinas» bezeichnet. Die nationalistische Parteizeitung Global Times lobte den Film und die Regisseurin überschwänglich.

Altes Interview wurde ihr zum Verhängnis

Was war passiert? Vor wenigen Wochen tauchte der Vorwurf auf, Zhao habe in einem Interview im Jahr 2013 gegenüber einem US-amerikanischen Filmmagazin China kritisiert. Im Interview erinnerte sie sich an ihre Zeit als Teenager in China zurück, und bezeichnete China als Ort voller Lügen . In den sozialen Medien hagelte es daraufhin Kritik, Zhao wurde beschimpft. Sie solle nie wieder nach China zurückkehren.

Die Online-Zensoren löschten Online-Werbungen für den Film, der chinesische Kino-Start von «Nomadland» Ende April wurde abgesagt. Wann und ob der Film überhaupt in die chinesischen Kinos kommt, ist derzeit völlig unklar. Immerhin: Es gab in den sozialen Medien heute auch positive Kommentare von Userinnen und Usern zu Zhaos Sieg – diese wurden offenbar zugelassen. Viral ging Zhaos Oscar-Erfolg in den sozialen Medien Chinas aber nicht.

Dem Nationalismus zum Opfer gefallen

Vor wenigen Jahren wäre das noch unvorstellbar gewesen. Als der Film «Green Book» vor zwei Jahren den Oscar für den besten Film erhielt, wurde dies von der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua als Erfolg für China verbucht – der Film wurde von chinesischen Geldern mitfinanziert.

Chloé Zhao dagegen scheint dem steigenden Nationalismus in China zum Opfer gefallen zu sein – auch die aktuellen Spannungen zwischen den USA und China tragen ihren Teil dazu bei. Der Vorfall zeigt: Ein altes kritisches Interview reicht aus, und eine der erfolgreichsten chinesischen Filmemacherinnen fällt von heute auf morgen in Ungnade.

Rendez-vous, 26.04.2021, 12:30 Uhr ; 

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