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Panik auf Flüchtlingsboot Behörden rechnen mit über 500 Toten bei Griechenland-Bootsunglück

An Bord war Panik ausgebrochen, dann kenterte das Boot. Die Rettung läuft weiter, doch die Hoffnung schwindet.

Die Opfer: Bei einem Bootsunglück vor Griechenland sind nach Schätzungen griechischer Behörden mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen. 78 Todesopfer konnte die Küstenwache bisher bergen. 104 Personen konnten gerettet werden.

Der Hergang des Unglücks: Das Boot mit Migrantinnen und Migranten war Tage zuvor von Libyen aus in See gestochen und hatte Italien zum Ziel. Am frühen Mittwochmorgen soll es an Bord zu Panik gekommen sein. Das Boot kenterte und sank laut griechischer Küstenwache schnell. Schon vor dem Unglück hatten die Küstenwache und auch vorbeifahrende Frachter den Menschen per Funk Hilfe angeboten, doch die Migrantinnen und Migranten lehnten ab und gaben an, weiter nach Italien fahren zu wollen. Weil sich das Boot in internationalen Gewässern befand, konnte die griechische Küstenwache erst eingreifen, als es in der Nacht zum Mittwoch in Seenot geriet und kenterte.

Das Boot: Der staatliche Rundfunksender ERT berichtete, das Boot sei aus der libyschen Stadt Tobruk gekommen. Das Boot war bereits am Dienstag in internationalen Gewässern zwischen Griechenland und Italien entdeckt worden. Ein Frontex-Flugzeug habe das Boot 47 Seemeilen südwestlich der Halbinsel Peloponnes lokalisiert. Am Mittwochabend tauchten in griechischen Medien Bilder der Küstenwache vom Boot auf. Die Fotos zeigen, dass sich allein schon an Deck des verrosteten Fischkutters bis zu 200 Menschen drängten. Auszumachen sind ein weiteres Zwischendeck und der Rumpf. Die übrigen Passagiere, darunter nach Angaben der Überlebenden auch schwangere Frauen und viele Kinder, sollen sich unter Deck aufgehalten und beim schnellen Sinken des Bootes keine Chance gehabt haben, sich nach draussen zu retten.

Viele Flüchtlinge auf einem Boot.
Legende: Die Migranten in dem völlig überfüllten ehemaligen Fischkutter wollten nach Italien. Keystone/AP/Hellenic Coast Guard

Die Sucharbeiten: Am Donnerstag und auch in der vorangegangenen Nacht haben die Rettungskräfte weiter nach Überlebenden gesucht – ohne Erfolg. Auch keine weiteren Leichen wurden gefunden. Es wird davon ausgegangen, dass die Menschen unter Deck sich nicht retten konnten, als das Schiff sank.

Die Überlebenden: Die Küstenwache hat 104 Passagiere gerettet. Sie stammen aus Ägypten, Syrien, Pakistan, Afghanistan und Palästina. Griechische Medien berichteten, bei den Geretteten handele es sich ausschliesslich um Männer. Die Überlebenden sollen am Donnerstag und Freitag in ein Flüchtlingslager nahe Athen gebracht werden. Zudem ist die Überführung der Toten nach Athen angelaufen, wie der Staatssender ERT berichtete. Dort sollen DNA-Proben genommen werden, um die Menschen zu identifizieren.

Die Reaktionen: Griechenland hat eine dreitägige Trauerphase angekündigt. Politikerinnen und Politiker setzen in dieser Zeit ihre Wahlkampagne für die Wahlen am 25. Juni aus. Behörden haben eine Strafuntersuchung zum Unglück eingeleitet. Internationale Hilfsorganisationen zeigen sich erschüttert über das Unglück. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drückte auf Twitter ihre Betroffenheit aus. «Wir müssen weiter zusammenarbeiten, [...] um solche Tragödien zu verhindern», schrieb sie.

Die Konsequenzen: Die griechische Küstenwache hat inzwischen neuen Überlebende festgenommen. Sie sollen als Schleuser agiert haben. Nun sollen sie der Staatsanwaltschaft übergeben werden.

SRF 4 News, 14.06.2023, 10:00 Uhr ; 

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