«Wir testen für ganz Deutschland», verkündete der Bayerische Ministerpräsident noch vor wenigen Tagen und lobte seine eigene Gesundheitsbehörde. Gewohnt selbstbewusst, ganz der entschlossene Krisenmanager. Nun muss er eine Panne verantworten, die nicht nur peinlich, sondern auch gefährlich ist.
Hier sei ein schwerer Fehler geschehen, gab Ministerpräsident Markus Söder an einer Pressekonferenz zu. Allerdings: Die Strategie, möglichst viele Ferienrückkehrer zu testen, sei richtig, immerhin habe man viele Infizierte entdeckt. Was natürlich nicht viel nützt, wenn die von ihrer Krankheit nichts wissen.
Infrastruktur für Massentests fehlte
Wie bereits früher in der Corona-Krise war Bayerns Ministerpräsident vorgeprescht, hatte vor allen anderen Bundesländern Massentests für Reiserückkehrer eingeführt. Allein: Die Infrastruktur dafür fehlte. Ehrenamtliche Helfer mussten einspringen, Daten von Hand erfassen. Die Labore testeten, doch die Ergebnisse gingen nicht weiter. Die Masse der Tests überforderte das improvisierte System.
Doch Markus Söder wäre nicht Markus Söder, würde er selbst eine solche Panne nicht zu seinem Vorteil nutzen. Bayern sei eben «Vorreiter» in der Corona-Pandemie, habe vor einer bundesweiten Pflicht Tests für Ferienrückkehrer angeboten – «als einziges Bundesland», wie er betont.
Überhaupt sei die nationale Testpflicht zu spät eingeführt worden, die Schulen hätten schon längst wieder mit dem Unterricht begonnen. Dass sich viele nicht an die Quarantäne-Vorgabe hielten, sei unverantwortlich. Und sowieso müsste die Corona-App viel besser funktionieren.
Kritik perlt an Markus Söder ab
Söder schafft es wie kaum ein Zweiter, Kritik an sich abperlen zu lassen. Von «eklatantem Regierungsversagen» und «Schlamperei» war die Rede gewesen. Geschenkt, sagt Söder. Nachdem er seine Gesundheitsministerin öffentlich abmahnt, stellt er sich hinter sie. «Es wäre menschlich unverhältnismässig gewesen», sagt Söder, ihr doppeltes Rücktrittsangebot anzunehmen.
Da ist er wieder, der gütige Landesvater, zu dessen Führungsstil es gehöre, «sich in schwierigen Zeiten unterzuhaken, auch wenn Fehler passieren». Die zuständige Ministerin ringt beim gemeinsamen Auftritt um Worte, wirkt neben Söder wie ein Schulmädchen.
Folgt nun der tiefe Fall?
Söders politische Gegner dürften die jüngsten Entwicklungen in Bayern mit einer Mischung aus Genugtuung und Ungläubigkeit beobachten. Kurzzeitig schien es, als wäre dessen Höhenflug jäh ausgebremst. Seit Beginn der Coronakrise waren seine Umfragewerte bundesweit in schwindelerregende Höhen gestiegen und hatten ihn zum Favoriten für die Kanzler-Nachfolge gemacht. Würde nun der tiefe Fall folgen?
Stattdessen beweist Söder einmal mehr sein politisches Geschick. Hier gehe es nicht um einen «Schönheitswettbewerb», sondern um eine «fiese Krankheit», die es zu bekämpfen gelte. Sein Anspruch sei eben höher, als die Umsetzung es manchmal hergebe. Wer Übermenschliches erreichen will, scheint am Profanen nicht zu scheitern. Dieses kommunikative Kunststück schafft nur ein Markus Söder.