Einen Tag vor Beginn des Nominierungsparteitages der US-Demokraten ist am Sonntag Parteichefin Debbie Wasserman Schultz zurückgetreten. Ihr wurden E-Mails zum Verhängnis, die eine Manipulation des Vorwahlkampfes zugunsten von Hillary Clinton belegen sollen.
Wasserman Schultz sagte, mit ihrem Rücktritt wolle sie zu einem Sieg Clintons bei der Wahl im November beitragen.
Nachwuchshoffnung als Nachfolger?
Die Parteichefin war zuvor massiv von Clintons Rivalen Bernie Sanders kritisiert worden. Um einen Eklat am Parteitag zu verhindern, verzichtete sie bereits am Samstag auf den Vorsitz bei der viertägigen Versammlung. Nun ergänzte sie, dass sie ihr Amt als Parteichefin nach dem Parteitag formell zurücklegen werde. Clinton und US-Präsident Barack Obama dankten ihr umgehend für ihre Arbeit.
Democratic-National-Committee-Vizechefin Donna Brazile wird nach Informationen des US-Senders CNN die Partei bis zur Wahl interimistisch führen.
Als möglicher Nachfolger ist Wohnungsminister Julian Castro im Gespräch, der bis zur Nominierung von Tim Kaine als möglicher Vizepräsidentschaftskandidat gehandelt worden war. Der 41-jährige Texaner mit hispanischen Wurzeln gilt als Nachwuchshoffnung der US-Demokraten.
Reaktion auf Wikileaks-Enthüllung
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte am Freitag gehackte E-Mails veröffentlicht, aus denen hervorgeht, wie stark der Parteivorstand offenbar von Anfang an die Kandidatur Clintons bevorzugte. Sanders und seine Anhänger hatten im Vorwahlkampf wiederholt beklagt, dass die Vorwahl-Prozedur zugunsten von Kandidaten des Establishments manipuliert sei. So bezeichnete Wasserman Schultz einen Sanders-Vertrauten in einer Nachricht als «verdammten Lügner».
SRF-Korrespondentin Priscilla Imboden zum Eklat:
«In den gehackten E-Mails diskutieren führende Demokraten, wie man Bernie Sanders schlechtmachen könnte. So schlägt einer vor, in den Südstaaten Sanders Glauben zu thematisieren; Sanders ist jüdisch aufgewachsen, ist aber Atheist, was ihm in religiösen Gebieten schaden könnte. Auch wird diskutiert, seine Kampagne als chaotisch darzustellen und Sanders damit als unqualifiziert für die Präsidentschaft. Allerdings ist nicht klar, ob die Pläne tatsächlich ausgeführt wurden. Trotzdem bestätigen die E-Mails Sanders Vorwurf, die Partei habe stets Clinton bevorzugt. Für die Demokraten, die hier in Philadelphia ihren Parteitag durchführen, wird es nun schwierig, Einheit zu demonstrieren. Bereits kam es zu Demonstrationen von Sanders-Anhängern. Trotzdem dürfte Sanders bei seinem Auftritt heute Abend Clinton seine Unterstützung zusichern. Denn er hatte in letzter Zeit stets gesagt, es gelte nun, um jeden Preis Donald Trump als US-Präsident zu verhindern.» |