- Die deutschen Sozialdemokraten sin in Dortmund zu ihrem Programmparteitag zusammengekommen.
- Neben Kanzlerkandidat Martin Schulz brachte auch Altkanzler Gerhard Schröder die Genossen in Wahlkampfstimmung.
- Trotz schlechter Umfragewerte demonstriert die SPD Zuversicht.
Drei Monate vor der Wahl hat SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz seine Kontrahentin Angela Merkel so heftig wie noch nie attackiert und seine Partei auf eine Aufholjagd eingeschworen.
Auf dem SPD-Programmparteitag warf er CDU und CSU vor, sich vor inhaltlichen Aussagen zu drücken und damit in Kauf zu nehmen, dass weniger Bürger zur Wahl gingen. «Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie», sagte der SPD-Chef vor 600 Delegierten und tausenden Anhängern. Zudem warf er der CDU «Arroganz der Macht» vor.
In Umfragen ist die SPD aus dem Zwischenhoch nach der Wahl von Schulz zum Kanzlerkandidaten wieder abgesackt und liegt nun bis zu 16 Prozentpunkte abgeschlagen hinter dem Koalitionspartner Union.
Heisse Phase des Wahlkampfs
Die Sozialdemokraten ziehen nun mit ihrem Programm unter dem Titel «Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit: Zukunft sichern, Europa stärken» in die heisse Phase des Wahlkampfs. Es wurde von den Delegierten ohne Gegenstimme bei nur einer Enthaltung beschlossen.
Zu den wichtigsten Punkten zählt die Forderung nach Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen und höheren Steuern für Spitzenverdiener. Kitas sollen gebührenfrei und die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet werden.
Die Homo-Ehe machte Schulz in seiner Rede zur Bedingung für eine Regierungskoalition. Damit grenzte er sich klar von der Union als Koalitionspartner ab.
Neben CDU und CSU attackierte Schulz nur die rechtskonservative AfD, die er als «NPD light» bezeichnete. Die potenziellen SPD-Koalitionspartner Linke, Grüne und FDP verschonte der Kanzlerkandidat dagegen.
Richtungswahl: Gerechtigkeit und Europa
Die Bundestagswahl am 24. September bezeichnete Schulz als Richtungsentscheidung. «Wir wollen weiter in einem freien solidarischen und vielfältigen Land leben», sagte er.
In den Mittelpunkt seiner Rede stellte Schulz die Themen Gerechtigkeit, Innovation und die Erneuerung Europas. Von den Delegierten und Anhängern wurde Schulz mit neun Minuten dauerndem Applaus und «Martin, Martin»-Sprechchören gefeiert.
Altkanzler Gerhard Schröder machte seiner Partei dennoch Mut. «Nichts ist entschieden», versicherte er. «Es ist noch viel Zeit, um die Stimmung zu drehen.» Nötig seien Disziplin, Geschlossenheit, aber auch Selbstbewusstsein.
Schröder erinnerte an den Bundestagswahlkampf 2005 – mit ihm als Spitzenkandidat. Die Umfragen seien damals auch schlecht gewesen, viele hätten die SPD bereits abgeschrieben. «Aber wir haben gekämpft und wir haben aufgeholt», sagte er.
Am Ende habe die CDU gerade mal 35,2 Prozent erreicht, die SPD 34,2 Prozent. Auch wenn es nicht gereicht habe, sei die Aufholjagd enorm gewesen. «Was damals ging, das geht heute auch», rief Schröder den Delegierten in Dortmund zu. «Auf in den Kampf! Venceremos!» (Spanisch: Wir werden siegen).