«Das Parlament irrezuführen ist nicht eine technische Sache, sondern eine ausserordentlich wichtige Angelegenheit», hält der Untersuchungsausschuss des britischen Parlaments in der Zusammenfassung seines Berichts fest. Irreführung treffe das Herz der Demokratie.
«Der Bericht spricht von Irreführung des Parlaments. In klaren Worten ausgedrückt: Johnson hat gelogen», sagt SRF-Grossbritannien-Korrespondent Patrick Wülser.
Johnson hat auch seine Crew in ein falsches Licht gestellt
Der Ex-Premier hatte mehrfach im Parlament angegeben, es habe keine illegalen Lockdown-Apéros oder gar Partys während der Pandemie in seinem Regierungssitz gegeben. Als das nicht mehr zu halten war, stritt er ab, davon Kenntnis gehabt zu haben oder selbst dabei gewesen zu sein. Alles stellte sich später als falsch heraus.
«Johnson hat auch behauptet, es habe sich um notwendige Arbeitsanlässe gehandelt», hält Wülser fest. Weiter habe er im Parlament gesagt, seine engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten ihm versichert, diese Apéros würden den strengen Lockdown-Regeln entsprechen.
Aber auch das war gelogen, wie der Bericht jetzt nachweist. «Im Bericht steht, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihn gewarnt hätten, dass mit solchen Anlässen die Regeln verletzt würden», so Wülser.
Der Strafe zuvorgekommen
Als Strafe dafür wollte der Ausschuss ihn für 90 Tage aus dem Unterhaus verbannen, doch Johnson kam der Sanktion zuvor, indem er sein Mandat niederlegte. Korrespondent Wülser hält fest, dass die Strafe von 90 Tagen Verbannung aus dem Unterhaus eine harte Strafe sei, mit der kaum jemand gerechnet habe.
Wer mehr als 10 Tage verbannt wird, muss sich automatisch in seinem Wahlkreis einer Neuwahl stellen. «Es gibt dann gewissermassen ein lokales Misstrauensvotum», sagt Wülser.
Dem Urteil der Wählerinnen und Wählern muss sich der Ex-Premier jedoch nicht mehr stellen, weil er sein Mandat freiwillig und vorauseilend abgegeben hat. Er habe den Bericht vorher lesen können und deshalb gewusst, was auf ihn zukomme, so der Korrespondent. Ob damit Johnsons politische Karriere zu Ende ist, wird sich weisen.
Vernichtender Bericht für Boris Johnson
Auch wie sich das Ganze auf seine Partei, die Tories, und auf den amtierenden Premierminister auswirkt, wird sich zeigen. Wülser sagt: «Johnson ist der Meinung, dass Rishi Sunak einer der Hauptverantwortlichen dafür ist, dass er Downing Street vor 40 Wochen verlassen musste.»
Man müsse deshalb davon ausgehen, dass Johnson alles tun werde, um dessen Arbeit zu unterminieren. Das sei keine gute Ausgangslage für die Partei. Sie liegt in Umfragen bereits heute hinter der Labour-Partei.