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Plakate gegen Mikrorassismus Schluss mit dem «Chinesen um die Ecke»

Aktion gegen Rassismus im Alltag: Mit #tengonombre – «Ich habe einen Namen» – gingen zwei Studis aus Barcelona viral.

Einen Laden nach der Herkunft der Besitzerin oder des Besitzers benennen: Das hat vielerorts in den ganz normalen Sprachgebrauch Einzug gehalten.

In Frankreich kauft man spätabends noch beim «l'arabe du coin» ein, in der Schweiz holen viele einen Snack «bim Türgg», in Deutschland beim «Griechen um die Ecke». In Barcelona nennen vielen den Supermarkt «el paki de abajo», der Pakistani von unten. Oder sie essen beim «chino de la esquina», beim Chinesen um die Ecke.

Das Plakat hängt am Eingang eines Supermarkts in Barcelona.
Legende: Das Plakat hängt am Eingang eines Supermarkts in Barcelona: «Ich bin nicht der Paki. Du kannst mich Dani nennen. Oder Supermarkt, Gemischtwarenladen oder Lebensmittelgeschäft.» ZVG

Nur: Solche Bezeichnungen seien «entmenschlichend», findet Laia Sánchez. Und ihr Studienkollege Álex Porras fügt an, es habe meist einen abschätzigen Unterton, wenn man vom «chino de la esquina» oder vom «paki de abajo» spreche – «als gehe es um etwas von schlechter Qualität».

Nicht der «Chinese» sondern das «Restaurant 104»

Aus diesen Überlegungen entsprang die Idee zur Plakatkampagne gegen, wie sie es nennen, Mikrorassismus. Ihre Plakate haben sie in über hundert Bars oder Supermärkten in Barcelona verteilt, um Kundinnen und Kunden zu sensibilisieren. Zudem warben sie dafür auf Social Media. Mit Erfolg: Ihr Instagram-Konto tengonombre («Ich habe einen Namen») hatte innert kürzester Frist mehrere Tausend Follower.

Bei der Aktion mitgemacht hat zum Beispiel Su Dan Lu. Seit fast zehn Jahren führen sie und ihr Mann das Restaurant 104 im Quartier Poblenou in Barcelona. Auf der Speisekarte stehen vorwiegend spanische und wenige chinesische Spezialitäten.

Früher hätten viele Gäste einfach vom «chino», vom Chinesen gesprochen. «Jetzt gibt es viele, die meinen Namen kennen. Oder den des Restaurants. Die Dinge haben sich verändert», sagt Su Dan Lu. Und das sei gut so. «Nicht nur für mich, sondern für alle.»

Ich glaube, Sprache ist entscheidend, wenn es darum geht, Menschen in der Gesellschaft zu integrieren oder auszugrenzen.
Autor: Maricarmen Stammgast des Restaurants «104»

Bei ihren Gästen sei das Plakat gut aufgenommen worden. Das bestätigen auch Stammgäste des «104». So etwa Maricarmen, die mit ihrer Freundin auf der Terrasse des Restaurants sitzt. Obwohl sie das Wirtepaar schon lange persönlich kenne, habe sie auch oft gesagt: «Komm, wir treffen uns beim Chinesen!», sagt sie.

Unbewusst rassistisch

Nun versuche sie, das nicht mehr zu machen. «Ich glaube, Sprache ist entscheidend, wenn es darum geht, Menschen in der Gesellschaft zu integrieren oder auszugrenzen.» Es gebe viele rassistische oder auch sexistische Ausdrucksweisen, die man einfach so verwende, ohne sich ihrer bewusst zu sein.

Drei Personen sitzen an einem Tisch in einem Restaurant, eine Person hält ein pinkes Menü.
Legende: Laia Sánchez und Álex Porras im «104» in Barcelona, zusammen mit der Restaurantbetreiberin Su Dan Lu. Manu Mitru

Das ist natürlich eine erfreuliche Rückmeldung für Laia Sánchez und Álex Porras, die die Aktion ins Leben gerufen haben. Die beiden, die ihr Studium an der Kreativschule in Barcelona inzwischen abgeschlossen haben und in der Werbebranche arbeiten, sind noch immer erstaunt darüber, wie gut ihre Aktion angekommen ist.

Plakate kommen weit herum

Sie wüssten zwar nicht, wie oft ihr Plakat, das sie via Instagram frei zugänglich machten, heruntergeladen und aufgehängt worden sei. «Wir haben aber auch schon Rückmeldungen aus anderen Regionen Spaniens erhalten, wo Leute das Plakat entdeckt haben. Etwa aus dem Baskenland oder aus Valencia», sagt Laia. Und was sie besonders freut: Es hätten sich auch Schulen gemeldet, die die Plakate im Rahmen von Schulprojekten verwendet hätten.

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SRF 4 News, Rendez-vous, 22.8.2024, 12:30 Uhr

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