Weder links noch rechts, weder schwarz noch weiss: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron machte Analysten vor seiner Wahl ratlos. Im ersten Jahr seiner Amtszeit wirkte er wie der Präsident für die Reichen. Mit Steuergeschenken an Vermögende und Unternehmen versuchte er, die französische Wirtschaft anzukurbeln. Dieses Jahr will er etwas für die Bedürftigen tun, quasi für die «andere Seite».
«An allen Fronten»
Den Auftakt macht er jetzt mit einer Strategie gegen Armut. In seiner Rede gab sich Macron einfühlsam: Armut bedeute Kampf an allen Fronten, denn Armut belaste die betroffenen Menschen überall. Mit der Armut beginne die Schwierigkeit, eine würdige Wohnung zu haben, sich gesund zu ernähren und überhaupt eine Arbeit zu finden.
«Arbeit»
Arbeit ist ein zentrales Element in Macrons Strategie gegen Armut. Sie soll Arbeitslose wieder zurück ins Erwerbsleben bringen: Ohne Arbeit gebe es keine Chance im Kampf gegen Armut, betonte der Präsident. Ohne Produktion könne auch kein Wohlstand entstehen. Dies werde zulasten einer künftigen Generation geschehen, die noch weniger Möglichkeiten haben werde, als bisher.
«Armut verwaltet, aber nicht gelöst»
Nach den Worten Macrons haben vor allem die bisherigen Strukturen versagt. Die Behörden hätten Armut mehr verwaltet und nicht gelöst. Es gebe in Frankreich ein Gewirr von Ämtern und Kompetenzen, das nun entflechtet und vereinfacht werde müsse.
Acht Milliarden Euro in vier Jahren
Rund acht Milliarden Euro will die Regierung Macron in den kommenden vier Jahren für ihre Strategie gegen die Armut investieren. Neben einer Neuordnung der Sozialversicherung plant sie eine Reihe von einzelnen Massnahmen, die vor allem Jungen und Kindern helfen sollen, gar nicht erst in Armut zu fallen.
Endlich Frühstück für Hunderttausende Schulkinder
Armut ist in Frankreich inzwischen ein Massenphänomen, das 14 Prozent der Bevölkerung trifft, wobei bestimmte Gruppen besonders betroffen sind. So gilt etwa jede dritte Familie mit nur einem Elternteil als arm. Dazu kommen die Jungen: Jeder fünfte Bewohner Frankreichs unter 20 Jahren ist gemäss Statistik arm.
Gewisse Einzelmassnahmen Macrons gehen ganz gezielt Missstände an. Etwa, dass sich Kinder künftig vor Beginn des Schulunterrichts verpflegen können. Heute kommen Hunderttausende von Schulkindern ohne Frühstück in den Unterricht, etwa weil ihre Mutter gar nicht zu Hause ist oder für die Arbeit sehr früh aus dem Haus muss. Dies schränkt die Konzentrationsfähigkeit deutlich ein und belastet damit auch ihre Lernfähigkeit. Ebenfalls mit der Armut verbunden sind schlechte Wohnungen.
Obligatorische Schulzeit bis Alter 18
Besser fördern will man aber auch Junge, beispielsweise durch die Verlängerung der obligatorischen Schulzeit. Wer also mit 16 keine höhere Schule besucht oder eine Berufsausbildung beginnt, der soll noch zwei Jahre weiter zu Schule gehen und allgemeine Weiterbildungskurse besuchen. Damit will man auch verhindern, das sich Junge bereits mit 16 irgendwo aus der Arbeit wegschleichen und auf der Strasse landen.
Popularität Macrons hinter Hollande zur gleichen Zeit
Die Strategie Macrons gegen Armut sollte auch den sinkenden Umfragewerten entgegenwirken. Seine Popularität ist in den letzten Wochen auf ein Rekordtief gefallen. Nur noch etwa ein Fünftel der Bevölkerung vertraut ihm. Das ist weniger, als sein Vorgänger François Hollande zu gleichen Zeit im Amt aufweisen konnte. Das liegt auch daran, dass viele Macron-Wähler von der bisherigen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik enttäuscht sind. Sie ist ihnen zu wirtschaftsfreundlich und zu wenig sozial. Dies möchte Macron nun korrigieren.