Das Wichtigste in Kürze
- Die deutsche Polizei sucht Videos und Fotos von Augenzeugen des Anschlags in Berlin.
- Diese Methode wurde bereits 2013 nach dem Anschlag am Bostoner Marathon angewandt.
- In Boston hatte die Polizei Erfolg mit dem Sammeln von Bildmaterial und konnte die Täter rasch identifizieren. Es gab allerdings auch gefälschte Bilder.
- Die Methode sei sehr zeitintensiv, sagt der damalige Polizeichef von Boston.
Die deutschen Ermittler suchen nach dem Täter von Berlin und hoffen auf die Hilfe der Bevölkerung: Das Bundeskriminalamt hat ein Hinweisportal eingerichtet. Fotos oder auch Videos können dort hochgeladen werden.
Gefragt sind Augenzeugen, die auf dem Berliner Weihnachtsmarkt ihr Smartphone zur Hand hatten. Neu ist die Methode ist nicht. Nach dem Bombenanschlag auf den Boston Marathon haben die Ermittler das Gleiche getan. Sie hatten Erfolg damit. Doch die Methode hat ihre Grenzen und birgt Gefahren.
Menschen dokumentieren ihre Gegenwart digital
Tausende waren am 15. April 2013 in Boston an der Rennstrecke. Auch der damalige Chef der Bostoner Polizei, Edward Davis, war anwesend. Noch vor dem Anschlag beobachtete er die vielen Menschen, wie sie mit Handys Bilder schossen, Videos machten.
An einen Kollegen gewandt sagte Davis: «Niemand kann hier unbeobachtet ein Verbrechen begehen. Alles wird gefilmt.» Dann explodierten beim Zielraum die zwei Bomben. Drei Menschen kamen um, weit über 200 wurden verletzt.
Polizeichef Davis war überzeugt, dass es im Smartphone-Zeitalter Fotos und Videos von der Tat geben muss, vielleicht auch von den Tätern. Deshalb haben die Ermittler die Menschen um Hilfe gebeten. Sie wurden mit Fotos und Videos überflutet.
Die Anzahl Dokumente überlastete die Ermittler
12'500 Dokumente haben die Ermittler der Bundespolizei FBI in den ersten 24 Stunden erhalten. Die Polizeicomputer stürzten ab, die Beamten waren anfänglich überlastet. Selbst heute, mit neuer Software, sei so eine Auswertung sehr zeit- und personalintensiv, sagt Davis. Trotzdem ist Davis von dieser Methode überzeugt.
Nach gut vier Tagen habe die Polizei die beiden Täter, zwei Brüder, getötet oder gefasst. Ohne neue Technologie und die Hilfe der Bevölkerung wäre das unmöglich gewesen, so Davis.
Doch er warnt davor, dass manche falsche, gar manipulierte Bilder in Umlauf gebracht hatten. Es sei auch versucht worden, via soziale Medien auf eigene Faust nach den Tätern von Boston zu suchen. Das habe die Ermittlungen behindert.
Diese Art der Fahndung müsse Sache der Polizei bleiben. Auf irgendeinem Smartphone befinde sich das entscheidende Bild oder das Video, davon ist Davis auch im Fall von Berlin überzeugt.