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Polen spricht von Provokation Und plötzlich fällt eine russische Drohne vom Himmel

Auf einem Maisfeld in Polen explodiert eine Drohne. War sie fehlgeleitet – oder eine Botschaft des Kremls?

Erst ein Lichtblitz, dann ein Knall: Am Mittwoch ist im Osten Polens eine Militärdrohne eingeschlagen und explodiert – mitten in einem Maisfeld. Verletzte gab es keine. Dafür aber diplomatisches Säbelrasseln.

Denn für die polnische Regierung ist klar: Das militärische Fluggerät stammt aus Russland – und flog gezielt über das Territorium des Nato-Staats. Russland provoziere das westliche Militärbündnis erneut, erklärte Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz.

Das Maisfeld im Osten Polens
Legende: Der für die Ermittlungen zuständige Staatsanwalt sagte, die Drohne habe einen Krater von rund sechs Metern Durchmesser und 50 Zentimetern Tiefe hinterlassen. Reuters/Kacper Pempel

Das Aussenministerium in Warschau bezeichnete den Vorgang in einer Protestnote an Russland als Akt der hybriden Kriegsführung und verlangte Aufklärung.

Gemäss ersten Erkenntnissen handelte sich um eine russische Version der vom Iran entwickelten Schahed-Drohne. Der Staatsanwaltschaft zufolge soll sie aus Richtung Belarus in den polnischen Luftraum eingedrungen sein.

Wiederholte russische Sabotageakte

In Polen schlägt der Vorfall hohe Wellen. «Es gibt derzeit viele Gründe, Polen, die Nato und die Reaktion des Westens zu testen», schreibt das polnische Nachrichtenmagazin «Polytika». «Diese Situation hat erneut gezeigt, wie sich der Krieg verändert und wie sehr wir ihm ausgesetzt sind, obwohl wir nicht daran teilnehmen.»

Erfolgreich könnte der Test für Moskau insofern gewesen sein, als die Drohne unter dem Radar der polnischen und damit der Nato-Flugabwehr geblieben ist. Wie das möglich war, will das polnische Militär nun analysieren.

Ob Russland mit der Drohne tatsächlich einen militärischen Nadelstich in Polen setzen wollte, ist unklar. Wie der Journalist Jan Opielka berichtet, gab es in der Vergangenheit zwar wiederholt «mutmassliche oder bewiesene Sabotageakte» vonseiten der russischen Streitkräfte auf polnischem Territorium. «Ob diese Drohne zielgerichtet geflogen, gelandet und explodiert ist, lässt sich derzeit aber noch nicht sagen.»

Schahed-Drohne bei Charkiw
Legende: Russland setzt vom Iran entwickelte Schahed-Drohnen massenweise in der Ukraine ein. Die Abbildung zeigt ein zerstörtes Exemplar bei Charkiw (Juli 2025). Getty Images/Scott Peterson

Denkbar sei auch, dass es sich um eine fehlgeleitete Drohne handelte, die Ziele in der Ukraine treffen sollte. Bereits im November 2022 war im ostpolnischen Dorf Przewodow eine Rakete eingeschlagen, zwei Männer wurden getötet. Soweit bisher bekannt, war es eine verirrte ukrainische Flugabwehrrakete.

Will Russland Polen destabilisieren?

Russland könnte indes ein Motiv dafür haben, gerade in Polen Unruhe zu stiften, glaubt Opielka. Nämlich für politische Unruhe in dem Land zu sorgen. Das EU- und Nato-Mitgliedsland Polen ist einer der wichtigsten politischen und militärischen Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Es sieht sich auch selbst von Russland bedroht und rüstet massiv auf.

Dieser Kurs werde in der polnischen Gesellschaft aber auch hinterfragt, zumindest mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine. «Viele Menschen hier sind inzwischen der Ansicht, dass sich Polen nicht so stark engagieren sollte», sagt Opielka. «Russland könnte also daran gelegen sein, die politische Situation in Polen weiter zu destabilisieren.»

Allerdings könnte der Kreml damit auch einen gegenteiligen Effekt erzielen: Die russische Bedrohung wird als umso realer eingeschätzt – und die Aufrüstung mit noch mehr Nachdruck vorangetrieben. Eine Entwicklung, die kaum im russischen Interesse sein kann.

SRF 4 News, 22.08.2025, 6:50 Uhr ; 

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