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Politikum in Frankreich 29 Cent pro Stange: Supermarktkette tritt den Baguette-Krieg los

Wie viel darf es kosten? Das diskutiert Frankreich derzeit heiss. Denn das Baguette ist für Frankreich mehr als nur ein Brot.

Was war der Auslöser für den Baguette-Krieg? Die französische Supermarktkette Leclerc hat den Preis für ein Baguette bei 29 Cent eingefroren – und verspricht, daran mindestens sechs Monate lang nicht zu rütteln. Eine Garantie für einen so tiefen Preis für die Stange Weissbrot, in einer Zeit, in der die Rohstoffpreise anziehen – das kam bei den Bäckereien und beim Landwirtschaftsverband gar nicht gut an.

Leclerc senkt zwar nicht den Preis, hat ihn aber eingefroren. Unter dem Strich ist das dasselbe.
Autor: Daniel Voll SRF-Korrespondent, Paris

Sie behaupten, Leclerc produziere unter den Gestehungskosten, weil das Getreide, respektive das Mehl im letzten Jahr rund 50 Prozent teurer geworden sei. Das schlägt sich auch im Brotpreis nieder, den viele Bäckereien im letzten Jahr um 5 bis 15 Prozent angehoben haben. «Leclerc senkt zwar nicht den Preis, hat ihn aber eingefroren», sagt SRF-Frankreich-Korrespondent Daniel Voll. Unter dem Strich sei das dasselbe.

Wie viel verlangen die anderen Anbieter? Bei anderen grossen Supermarktketten wie etwa Casino kostet das Baguette rund das Doppelte. Bei Quartierbäckereien bezahlt man bis zum Vierfachen. Andere Discounter wie zum Beispiel Aldi verlangen aktuell 35 Cent.

Mehrere Baguettes
Legende: Kein normales Brot, sondern ein Teil der französischen kulinarischen Tradition: das Baguette. Keystone

Wobei Lidl bereits nachgegeben hat und den Preis für ein Baguette auf 29 Cent gesenkt hat. Ob Lidl und Leclerc Ketten die Brote zu günstig verkaufen, wird die Regierung demnächst überprüfen müssen, sagt Voll. «Es gibt nämlich ein Gesetz, wonach Dumpingpreise nicht zulässig sind.» Wobei anzunehmen ist, dass diese Untersuchung noch länger dauern wird. Das heisst, wahrscheinlich werden die Resultate erst nach den Präsidentschaftswahlen vom 10. April 2022 kommen.

Wie reagiert die Politik? Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat sich in die Diskussion eingemischt und die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten verteidigt. «Er weiss, dass der Brotpreis auch ein politisch empfindliches Thema ist, ähnlich wie der Benzinpreis», erklärt der SRF-Korrespondent. In einem Interview sagte Le Maire sinngemäss: Wer einfaches, billiges, auch schlichtes Brot essen wolle oder müsse, der solle das können. Und wer sich gutes Brot vom Spezialisten leisten könne, der solle dies auch kaufen können. Ein Balanceakt: «Drei Monate vor den Wahlen ist es eigentlich ziemlich klar, warum», ist Voll überzeugt.

Parkplatz vor Leclerc-Filiale, Genfer Autokennzeichen
Legende: Die 29-Cent-Aktion hat Leclerc vor rund zehn Tagen losgetreten. Die Kette hat ihre grossflächigen Läden vor allem in der Peripherie, nicht in Stadtzentren. Keystone

Warum ist der Baguette-Preis so ein Politikum? Der Chef des Konzerns, Michel-Edouard Leclerc, ist ein alter Detailhandelsprofi, wie Voll erklärt. «Er will immer der Billigste sein. Und er weiss natürlich, dass Brot ein sehr preissensibles und auch emotionales Produkt ist.» Darum beschäftige der Brotpreis die Französinnen und Franzosen eben auch so sehr.

Diese Kampagne ist vor allem ein Werbefeldzug. Und der hat funktioniert.
Autor: Daniel Voll SRF-Korrespondent, Paris

Ein Baguette sei kein normales Brot, sondern ein Teil der französischen kulinarischen Tradition. «Es gibt zum Beispiel jedes Jahr Wettbewerbe für das beste Baguette-Brot», weiss Voll. Und am Mythos der Baguettes-Stange baue auch die Regierung mit. «Sie hat vor einem Jahr den Antrag gestellt, dass das Baguette ins Weltkulturerbe der Unesco aufgenommen wird.» Das habe Leclerc einkalkuliert. Deshalb sei diese Kampagne vor allem ein Werbefeldzug. «Und der hat funktioniert.»

SRF 4 News, 25.01.2022, 10:25 Uhr ; 

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