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Politische Spannungen LWK-Fahrer demonstrieren vor armenischem Regierungsgebäude

In Armeniens Hauptstadt Eriwan protestieren seit dieser Woche Lastwagenfahrer. Die Hintergründe.

Das ist passiert: Zu Hunderten sind LKW-Fahrer in die armenische Hauptstadt Eriwan gekommen. Sie verlangen von der armenischen Regierung, dass sie ein Machtwort spricht gegenüber Russland. Denn Russland behindere sie bei der Einreise und erschwere ihre Arbeit.

Transport über Georgien

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Armenien hat keine Grenze zu Russland. Seit Jahrzehnten werden aber armenische Güter mit dem Lastwagen nach Norden über Georgien transportiert, wo sie dann über einen Bergpass die georgisch-russische Grenze überqueren. 

Die Folgen für die Fahrer: «Die Fahrer klagen, dass es ihnen massiv erschwert werde, nach Russland zu fahren», sagt Russland-Korrespondent Calum MacKenzie. «Sie sagen, sie seien nicht reingelassen und von den russischen Behörden auf eine schwarze Liste gesetzt worden. Man habe ihnen an der Grenze teilweise auch ein mehrjähriges Einreiseverbot für Russland ausgestellt.» Kurz, die russischen Grenzbehörden täten alles, um armenische Lastwagen und armenische Güter aus Russland rauszuhalten.

Die Begründung: Russland streitet ab, dass die Probleme an der Grenze spezifisch etwas mit Armenien zu tun hätten. Man habe bloss eine neue Regelung eingeführt, die den visumsfreien Aufenthalt auf 90 Tage begrenze. «Aus Moskau heisst es, man habe die Einreisebestimmungen für viele Länder jüngst angepasst», erklärt der Russland-Korrespondent. «Jetzt seien die Regeln etwas strenger und die armenischen Fahrer hätten nun mal die neuen Regeln nicht eingehalten.»

SRF-Russland-Korrespondent: «Lange LKW-Schlangen in Georgien»

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Russland-Korrespondent Calum MacKenzie ist selbst in Georgien. Sein Eindruck: «Man sieht hier tatsächlich lange Reihen von Lastwagen, die darauf warten, dass sie den Bergpass nach Russland überqueren dürfen. Diese Lastwagen-Schlangen scheinen teilweise vom Pass bis ins Tal hinunter zu reichen. Über diese Strecke fahren Laster aus aller Welt nach Russland. Aber in den Schlangen sind nur solche mit armenischen Kennzeichen. Sie stehen tagelang da, während das Gemüse oder die Früchte im Anhänger verfaulen. Das weckt dann schon für viele in Armenien den Eindruck, Russland wolle so politischen Druck auf Armenien ausüben.»

Mögliche Interessen: Russland war lange Armeniens wichtigster Verbündeter und unterstützte Armenien im Konflikt gegen Aserbaidschan. Aber seit dem grossen Krieg gegen die Ukraine ist es für Russland wichtiger geworden, mit Aserbaidschan Geschäfte zu machen. «Seither sucht Armenien nach anderen Partnern und nähert sich der EU an. Das passt Russland aber nicht», so MacKenzie. Darum versuche es mit anderen Mitteln, Armenien unter Druck zu setzen, um es wieder in seine Einflusssphäre zu ziehen.

Wirtschaftliche Auswirkungen: Russland ist trotz der politischen Spannungen immer noch Armeniens grösster Handelspartner für den Export von Agrar- und Industrieprodukten. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine werden aus Armenien aber auch Waren nach Russland exportiert, die wegen Sanktionen oder abgewanderten westlichen Firmen nicht mehr direkt nach Russland gelangen.

Reaktion der armenischen Regierung: Armeniens Wirtschaftsminister Geworg Papojan traf sich mit den Demonstrierenden. Man arbeite an «Verhandlungslösungen» mit Moskau, jedoch ohne konkrete Massnahmen. Papojan bezeichnete die 90-Tage-Regelung als «undurchführbar», bot aber keine sofortige Lösung an.

So könnte es weitergehen: «Das ist schwer zu sagen», sagt MacKenzie. Ein Blick in die Vergangenheit zeige aber: Russland setzt gegen seine ehemaligen Satellitenstaaten nicht zum ersten Mal solche Druckmittel ein. «Beispielsweise war im Jahr 2006 in Georgien eine proeuropäische Regierung an der Macht, zu der Moskau ein schlechtes Verhältnis hatte.» Die russische Lebensmittelbehörde hat damals plötzlich entschieden, dass Wein und Mineralwasser aus Georgien nicht sicher seien und verhängte ein Importverbot. «Für Georgien brach dadurch ein riesiger Markt weg.» Erst Jahre später wurde das Importverbot aufgehoben – nachdem es in Georgien zu einem Regierungswechsel gekommen war.

SRF 4 News, 17.10.2025, 6:45 Uhr ; 

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