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Parlamentswahlen in Portugal
Aus Tagesschau vom 11.03.2024.
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Portugal hat gewählt «Die Erfolge der Linken sind bei vielen nicht angekommen»

In Portugal kommt es nach den Wahlen zu einem deutlichen Rechtsrutsch. Die jetzige Regierung der Sozialisten habe es nicht geschafft, die Krisen des Landes zu bewältigen, sagt Portugal-Kenner Tilo Wagner.

Tilo Wagner

Tilo Wagner

Journalist

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Der freie Korrespondent lebt seit Jahren in Portugal.

SRF: Was sind die Gründe für diesen Rechtsrutsch?

Tilo Wagner: In den letzten Monaten hat sich in Portugal eine spürbare Krisenstimmung breitgemacht, die sich in diesem Wahlergebnis manifestiert. Die regierenden Sozialisten wurden deutlich abgestraft für eine Politik, die die Probleme nicht lösen konnte, insbesondere im Bildungsbereich und im Gesundheitswesen.

Die Korruptionsaffäre hat der Mitte-Rechts-Partei tatsächlich nicht geholfen.

Die Portugiesen mit ihren geringen Löhnen haben zudem mit der weltweiten Inflation besonders zu kämpfen. Das beeinflusst sowohl die Immobilienpreise als auch die Mieten. All diese Faktoren führten dazu, dass die Menschen einen Regierungswechsel wünschten.

Wie stark hat die angebliche Korruptionsaffäre der sozialistischen Partei der Gewinnerin in die Hände gespielt?

Die Korruptionsaffäre hat der Mitte-Rechts-Partei tatsächlich nicht geholfen, auch, weil sie selbst vor wenigen Wochen einen eigenen Korruptionsfall hatte. Hingegen profitierte die Chega-Partei davon, indem sie früh auf dieses Thema setzte, auch wenn der Fall gerichtlich gar noch nicht bestätigt ist. Die Chega nutzte dies geschickt im Wahlkampf, indem sie über Korruption sprach und die traditionellen Parteien kritisierte. Dadurch zog sie vor allem Wählende an, die sich von den etablierten Parteien nicht vertreten fühlten oder bislang überhaupt nicht wählen gingen.

Luis Montenegro, Vorsitzender der Mitte-Rechts-Demokratischen Allianz, (Mitte) feiert mit seinen Anhängern.
Legende: Luis Montenegro, Vorsitzender der Mitte-Rechts-Partei, (Mitte) feiert mit seinen Anhängern nach dem Wahlsieg. (11. März 2024) Reuters/ Armando Franca

Die rechtspopulistische Partei Chega wurde 2019 gegründet, was macht sie so beliebt?

Die Chega, unter der Leitung von André Ventura, einem ehemaligen Mitglied der Mitte-Rechts-Partei, gewann an Beliebtheit, indem sie früh erkannte, dass viele potenzielle Wähler sich durch die sozialistische Regierung nicht vertreten fühlten.

Die Sozialisten waren über 8 Jahre an der Macht. Es fiel ihnen schwer, die Menschen von ihrer Politik zu überzeugen.

Chega präsentierte ein Wahl-Programm, das finanzpolitisch eine Katastrophe wäre. Ventura versprach massive Steuersenkungen bei gleichzeitiger Erhöhung des Staatshaushalts. Insofern ist die Chega hauptsächlich eine Protestpartei, die nicht zuletzt über Social-Media viele junge Wähler gewonnen hat.

Werfen wir noch einen Blick auf die Verliererin der vorgezogenen Wahlen. Die sozialistische Partei mit Pedro Nuno Santos. Wieso hat sie so schlecht abgeschnitten?

Die Sozialisten waren über 8 Jahre an der Macht. Es fiel ihnen schwer, die Menschen von ihrer Politik zu überzeugen, insbesondere von ihren Erfolgen, wie dem Abbau der Staatsschulden, einem ausgeglichenen Haushalt oder dem einigermassen robusten Wirtschaftswachstum. Diese Erfolge kamen bei vielen Menschen nicht an.

Die Regierungsbildung wird jetzt schwierig. Eine Koalition zwischen den beiden grossen Parteien ist ausgeschlossen. Was bedeutet das für die Stabilität des Landes?

Nichts Gutes. Der Sozialist Pedro Nuno Santos hat es bereits vor der Wahl abgelehnt, ein Mitte-Rechts-Bündnis einzugehen. Der Chef der liberalkonservativen Partei, Luis Montenegro, der die Wahl knapp gewonnen hat, befindet sich nun in einer schwierigen Lage. Er muss entscheiden, ob er eine Vereinbarung mit den Rechtspopulisten eingeht, um regieren zu können.

In seiner Siegesrede hat er das jedoch deutlich abgelehnt. Er wird also zunächst alleine in einer Minderheitsregierung regieren, die nur einen Drittel der Abgeordneten im Parlament stellt. Das bedeutet, dass die Regierung durch ein Misstrauensvotum schnell zu Fall gebracht werden könnte.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

SRF 4 News, 11.03.2024, 06:45 Uhr;

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