Das Wichtigste in Kürze
- Knapp 8,4 Millionen Tschechinnen und Tschechen bestimmen dieses Wochenende, wer in den nächsten fünf Jahren in der Prager Burg residieren und ihr Staatsoberhaupt sein soll.
- Favorit ist der bisherige Präsident Miloš Zeman. Er tritt gegen acht Herausforderer an.
- Sein wichtigster Gegner, Jiří Drahoš, gilt als farblos, aber er ist nicht chancenlos.
Miloš Zeman ist höchst umstritten: Kritiker werfen ihm vor, er provoziere mit seinem Auftreten, seinem Stil, und er spalte das Land – etwa mit seiner Flüchtlingspolitik oder seinem Kreml-freundlichen Kurs. Zudem sei er mehrfach betrunken in der Öffentlichkeit aufgetreten, sagt SRF-Osteuropa-Korrespondent Urs Bruderer.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der 73-Jährige Präsident bleibt, ist dennoch gross. Denn er ist beliebt. «Seine Chancen sind intakt», glaubt Bruderer. Das könne man aus den Parlamentswahlen vom vergangenen Herbst schliessen. «Über die Hälfte der Wähler hat damals sogenannte Anti-Establishment-Parteien gewählt.»
Zeman als Kritiker der Prager Elite
Diese Protestwähler seien nun auch Zemans potentielle Wähler, so Bruderer. Die Anhängerschaft habe er sich erarbeitet, indem er fünf Jahre lang, während seiner Amtszeit, Wahlkampf betrieben habe. «Er ist durch die Dörfer und Kleinstädte getingelt, hat Hände geschüttelt, mit den Leuten gesprochen, und ist über die Prager Elite hergezogen.»
Die Menschen hätten das Gefühl, Zeman sei «einer von ihnen» und werde von den anderen Politikern «schlecht gemacht» – damit könne er punkten. Zeman hat aber auch einen prominenten Verbündeten: Andrej Babiš, Chef der stärksten Partei im Land. «Er hat kürzlich erklärt, er wähle Zeman», so der Korrespondent. «Das ist eine wichtige Unterstützung.»
Allerdings steckt Babiš in Schwierigkeiten: Laut einem Bericht der Anti-Korruptionsbehörde der EU wird er kritisiert, mitverantwortlich zu sein für die Erschleichung von EU-Subventionsmilliarden. «Das könnte Zeman bei der Wahl schaden», sagt Bruderer.
Wissenschaftler Drahoš, der «Anti-Zeman»
Von den Gegenkandidaten – allesamt Männer – hat Jiří Drahoš die grössten Chancen, Zeman in einer allfälligen Stichwahl zu besiegen. «Er ist ein deutlicher Anti-Zeman», sagt Bruderer. Der Chemiker sei ein ruhiger Typ, kein exponierter Politiker. «Er ist das Gegenteil von polarisierend.» Seine Gegner wiederum argumentieren, er sei unscheinbar und fad. «So einen wollen sie nicht wählen.»
Genau diese Eigenschaften seien aber auch Drahoš Vorteil: «Alle Wähler, die Zeman unbedingt verhindern wollen, können Drahoš ihre Stimme geben.» Dies zwar nicht mit Begeisterung, aber damit werde zumindest ein Kapitel, jenes von Zeman, geschlossen.
«Es tritt also ein extrem nicht-polarisierender, farbloser Kandidat gegen einen extrem polarisierenden Kandidaten an», fasst Buderer zusammen. «Deshalb hätte dieser Drahoš wahrscheinlich die besten Chancen in der zweiten Runde.»
Neun Kandidaten in der ersten Runde:
- Miloš Zeman, amtierender Präsident
- Jiří Drahoš, ex-Vorsitzender der tschechischen Akademie der Wissenschaften
- Pavel Fischer, ehemaliger Botschafter
- Petr Hannig, Vorsitzender der nationalistischen Rozumní-Partei
- Marek Hilšer, Hochschullehrer
- Michal Horáček, Autor und Musikproduzent
- Jiří Hynek, Vorsitzender der Vereinigung der Waffen- und Verteidigungsindustrie
- Vratislav Kulhánek, ex-Vorsitzender des nationalen Eishockeyverbandes
- Mirek Topolánek, ehemaliger Ministerpräsident (2006–2009)
Die Wahllokale sind von Freitag- bis Samstagnachmittag offen. Die Resultate sollten bis Samstagabend vorliegen. In zwei Wochen ist ein zweiter Wahlgang möglich.