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Radikaler Prediger verurteilt Was tun gegen radikale Imame?

Ein Prediger wird verurteilt, weil er Winterthurer Muslime zum Mord aufgerufen hatte. Braucht es eine Zertifizierung?

«Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) verfügt über keine rechtlichen Grundlagen, um Moscheen oder Imame ohne Hinweise auf eine mögliche Bedrohung der Schweiz zu beobachten». Etwa so antwortet der NDB auf die Frage nach der aktuellen Rechtsgrundlage. Das heisst, er kann erst aktiv werden, wenn er einen konkreten Hinweis erhält.

Bund kann nur bei Sicherheitsproblemen einschreiten

Das neue Nachrichtendienstgesetz ist erst seit September in Kraft, so schnell kann daran nicht gerüttelt werden. «Religion ist eine Frage der Kantone. Sie kann nicht in einem Bundesgesetz geregelt werden», sagt André Duvillard, Delegierter des Sicherheitsverbunds Schweiz. Er bringt Bund und Kantone in Sicherheitsfragen zusammen.

Deshalb kann der Bund nur bei Sicherheitsproblemen einschreiten. Es gebe aber schon Möglichkeiten, um Fälle wie jenen in Winterthur zu verhindern. Zum Beispiel die Integrations-Vereinbarung zwischen Behörden und Ausländern. Sie stellt gewisse Auflagen: «Beispielsweise im Bereich der Sprachkenntnisse oder der Ausbildung. Diese Möglichkeit besteht aber nur für Leute, die in der Schweiz keine Aufenthaltserlaubnis haben.» Im Fall von Winterthur sei dieser Fall gegeben.

Bei Reise-Predigern waren Muslime eine Weile lang ziemlich naiv.
Autor: Sakib Halilovic Imam

Die Ideologie einer Religionsperson abzuklären sei hingegen nicht Sache der Behörden, betont der Delegierte des Sicherheitsverbunds Schweiz. Da müssten die muslimischen Gemeinden aktiv werden. «Sie müssen schauen, dass sie die richtige Person angestellt haben und bei Bedarf bei den Behörden nachfragen.»

Zertifizierung gefordert

Geprüft werde heute sehr sorgfältig, sagt Imam Sakib Halilovic, ein gebürtiger Bosnier. Radikale Imame kämen nur sehr selten vor. Bei den Reise-Predigern, den Vorbetern, die nur für eine kurze Zeit verpflichtet werden, sei man aber eine Zeit lang zu blauäugig gewesen, räumt er ein: «Da muss man klipp und klar sagen, dass Muslime da eine Weile lang ziemlich naiv waren.»

Halilovic ist im Vorstand der Vereinigung islamischer Organisationen in Zürich. Von Überwachung hält er nichts, vielmehr schlägt er vor, eine Zertifizierung für Imame einzuführen, eine Art Qualitätssicherung: «Man sollte in Absprache mit den zuständigen Ämtern der Kantone eine offizielle Zertifizierung der angestellten Imame einführen. So könnte man verhindern, dass irgendjemand aus der Gemeinde auf die Kanzel geht und predigt, was er will.»

Man sollte in Absprache mit den zuständigen Ämtern der Kantone eine offizielle Zertifizierung der angestellten Imame einführen.
Autor: Sakib Halilovic Imam

Etwas konkreter: Imame, islamische Dachorganisationen der Kantone und die zuständige Behörde erstellen zum Beispiel einen Zertifizierungs-Katalog. Dieser könnte allen die Sicherheit geben, dass der richtige Imam angestellt werde. «Dass jemand schön redet, bedeutet auf keinen Fall, dass er ein guter Mensch ist.»

Freiwillige Kurse an der Uni

Das beste Mittel gegen eine Radikalisierung sei aber die Ausbildung der Imame, sagt die Basler Muslimin Jasmin El Sonbati, die sich für einen zeitgemässen Islam einsetzt. «Es bringt uns nichts, Menschen von aussen zu haben, die aus anderen, teilweise sehr geschlossenen Gesellschaften kommen und hier in der Schweiz ihre konservative und teilweise sehr radikale Interpretation des Islams verbreiten. Das ist das, was wir nicht wollen.»

Die Universität Genf bietet schon jetzt Weiterbildungskurse für Imame an der theologischen Fakultät an. In Freiburg etwa werden Workshops und Studiengänge zum Thema Islam organisiert. Diese Angebote sind aber freiwillig, muslimische Prediger sind nicht verpflichtet, die Kurse zu besuchen.

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