Ein Geständnis hat niemand erwartet. Mariano Rajoy hat die Korruptionsskandale in seiner Partei, die mutmasslich illegale Finanzierung und die schwarze Kasse immer bestritten oder verharmlost. Die bekannten Fälle der Korruption sind für Rajoy Einzelfälle, keine Praxis mit System.
Darum war sein fast zweistündiger Auftritt vor Gericht nichts anderes als ein Nein mit Variationen. Nein, ich habe nichts gewusst. Nein, ich habe diese Leute – die Angeklagten des Prozesses – nicht gekannt. Nein, ich habe nie Schwarzgeld genommen. Oder ganz einfach: Nein, ich erinnere mich nicht an Details.
Nicht glaubwürdig
Der Richter hat viele Fragen gar nicht zugelassen, weil sie Nebenprozesse betrafen und im Fall von Francisco Correa nicht verhandelt werden. Correa ist ein zwielichtiger Geschäftsmann, dem vorgeworfen wird, er habe Rajoys Konservative über Jahre mit Schmiergeld versorgt. In diesem Zusammenhang gab und gäbe es viele Fragen für Rajoy aber sie blieben auch heute unbeantwortet.
Als Generalsekretär habe er sich mit politischen Fragen beschäftigt – nicht mit der Buchhaltung. Das mag zunächst einleuchten. Wirklich glaubwürdig ist diese Totalabstinenz aber nicht. Nicht zu fragen, wer die grossen Spender seien, woher das Geld komme oder wie der teure Umbau des Hauptquartiers in Madrid finanziert wurde, kann nachlässig sein – oder der Chef wollte nicht zu viel wissen.
Nachlässiger Parteisekretär oder Mitwisser, der wegschaut
Dass die Buchprüfungsberichte des Rechnungshofs immer positiv waren, ist für Rajoy Beweis genug, dass es bei der konservativen Partei keine Betrügereien gegeben hat. Welche Partei legt dem Rechnungshof aber auch die Unterlagen einer schwarzen Kasse vor oder meldet Steuerhinterziehung an? Keine.
Sei stark Louis, wir tun, was wir können.
Was der Rechnungshof nicht weiss, kann er nicht beurteilen. Rajoys Argumentation erledigt sich. Als Rajoy von Unregelmässigkeiten bei den Konservativen der reichen Vorortsgemeinden Madrids hörte, beauftragte er die regionale Parteichefin, für Ordnung zu sorgen. Nachgefragt hat er hinterher offenbar nie. Wieder stellt sich die Frage, ob Rajoy ein nachlässiger Parteisekretär ist oder ein Mitwisser, der wegschaut.
Sprechen ohne etwas zu sagen
Als der ehemalige Finanzchef Luis Bárcenas bereits unter Verdacht stand, eine schwarze Kasse zu führen, die mit Bestechungsgeldern gefüllt war, bezahlte die Partei ihm weiterhin einen hohen Lohn und liess ihm sein Büro im Hauptquartier. Die Festplatte seines Computers liess die Partei verschwinden, bevor der Untersuchungsrichter sie beschlagnahmen konnte. Rajoy sendete aufmunternde Botschaften ins Gefängnis: «Sei stark Luis, wir tun, was wir können.»
Heute wurde er gefragt, was er damit gemeint habe. Keine Antwort. Rajoy gab sich souverän und sogar herausfordernd. Er konzentrierte sich auf eine gute Show vor laufenden Kameras und seine Kunst, zu reden ohne etwas zu sagen.