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Reaktionen im Iran Rohani: «USA und Israel stecken hinter Anschlag auf Atomphysiker»

  • Der iranische Präsident Hassan Rohani hat den USA und Israel vorgeworfen, hinter der Ermordung des Kernphysikers Mohsen Fachrisadeh zu stehen.
  • Auch amerikanische Medien äussern den Verdacht und stellen Fragen zur Rolle der USA.
  • UN-Generalsekretär António Guterres mahnte nach dem Anschlag zur Mässigung.

«Erneut sorgten der Imperialismus und sein zionistischer Söldner für ein Blutvergiessen und den Tod eines iranischen Wissenschaftlers», sagte Rohani am Samstag im Staatsfernsehen. Der «Terroranschlag» zeige nur die Angst der Feinde Teherans vor dem technologischen Fortschritt der Islamischen Republik.

Der Mord werde das Land jedoch nicht davon abhalten, den Weg Fachrisadehs noch konsequenter fortzusetzen, sagte der Präsident. Der Geheimdienst und die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) ermitteln wegen des Attentats.

War die Regierung Trump informiert?

Fachrisadeh war am Freitag in Ab-Sard, einem östlichen Vorort der Hauptstadt Teheran, in seinem Auto angeschossen und so schwer verletzt worden, dass er kurz darauf in einem Krankenhaus starb. Das Verteidigungsministerium in Teheran sprach von einem «Märtyrertod». Der Kernphysiker war Mitglied der Revolutionsgarden und Experte für die Herstellung von Raketen. Zuletzt leitete er die Forschungsabteilung im Verteidigungsministerium.

Kurzeinschätzung des SRF-Nahost-Korrespondenten

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Für Pascal Weber steht ausser Frage, dass Teheran auf diese Tötung antworten wird: «Die Iraner werden das vor allem für das heimische Publikum tun», sagt der SRF-Korrespondent. Und sie würden es auch tun, um eine Abschreckungswirkung zu erzielen. Doch Weber will nicht in das «Geheul einer unmittelbar drohenden Kriegsgefahr einstimmen». Denn der Iran habe schon früh auf eine mögliche Abwahl von US-Präsident Donald Trump gesetzt. Das sei eingetreten. «Und deshalb wird sich Teheran nun eher in Zurückhaltung üben - auch wenn diese Tötung die Chancen des gewählten Präsidenten Joe Biden, nun wieder in Verhandlungen mit den Iran einzusteigen, eher schmälern wird.»

Die «New York Times» (Samstag, online) berichtete, ein US-Vertreter und zwei Geheimdienstmitarbeiter hätten erklärt, dass Israel hinter dem Attentat stehe. Es sei unklar, ob die US-Regierung vorher informiert gewesen sei, doch beide Staaten seien engste Verbündete. In US-Medien gab es Berichte, wonach ein US-Marineverband in den Persischen Golf verlegt worden sei, was mit dem Truppenteilabzug aus Afghanistan begründet wurde.

Mässigung gefordert

UNO-Generalsekretär António Guterres mahnte nach dem Anschlag zur Mässigung. «Wir fordern Zurückhaltung und sehen es als notwendig an, dass Massnahmen vermieden werden, die zu einer Eskalation der Spannungen in der Region führen könnten», sagte ein UNO-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur am Freitag (Ortszeit) in New York.

Irans UN-Botschafter Madschid Tacht erinnerte in einem Schreiben an Guterres daran, dass in den vergangenen Jahren mehrere iranische Wissenschaftler bei Anschlägen getötet worden seien. Die Ermordung Fachrisadehs sei ein weiterer Versuch, die Region ins Chaos zu stürzen und die wissenschaftliche Entwicklung des Irans zu stören.

Im Sommer hatte zudem eine Brand- und Explosionsserie Infrastruktur- und Atomanlagen im Iran beschädigt. Auch damals wurde über Israel als Urheber spekuliert, zumal Israel immer wieder auch iranische Militäreinrichtungen in Syrien angreift.

Die Interessen Israels

Beobachter aus Teheran sahen in dem Anschlag auch einen Versuch Israels und der Regierung von US-Präsident Donald Trump, einen Neuanfang der Beziehungen zwischen Teheran und Washington zu torpedieren. Die US-Regierung, Bidens Team und Israel äusserten sich zunächst nicht zu der Mordtat.

Israel unterstellt dem Iran, neben dem zivilen Atomprogramm heimlich Atomwaffen zu entwickeln, was seine Existenz bedrohe. Trump hatte ein internationales Abkommen, das den Iran am Bau einer Atombombe hindern soll, 2018 aufgekündigt und versucht seitdem, dem Iran mit harten Sanktionen gegen Schlüsselindustrien wirtschaftlich erheblich zu schaden.

Tagesschau vom 27.11.2020, 13 Uhr. ; 

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