Ein nigerianischer Staatsangehöriger reichte 2015 in Ungarn einen Asylantrag ein. Er begründete seinen Asylantrag mit seiner Homosexualität. Er befürchtete, deshalb in seinem Herkunftsland verfolgt zu werden.
Die ungarischen Behörden hielten zwar fest, dass die Aussagen zu seiner sexuellen Orientierung plausibel seien, sie lehnten den Antrag trotzdem ab. Dabei stützen sie sich auf ein psychologisches Gutachten, das sie selber in Auftrag gegeben hatten und das die Homosexualität des Asylbewerbers nicht bestätigte.
Recht auf Privatleben
Der Asylbewerber wehrte sich dagegen. Nun musste der Europäische Gerichtshof die Frage klären, ob Asylbehörden solche Gutachten überhaupt in Auftrag geben dürfen.
Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens.
Der Gerichtshof sagt: Nein, das dürfen sie nicht. Ein solches Gutachten sei ein unverhältnismässiger Eingriff in die Grundrechte des Asylbewerbers. In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union heisst es in Artikel 7: «Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens.» Dieses Recht gilt auch für Asylbewerber und es würde durch ein psychologisches Gutachten in einer solch intimen Frage verletzt, begründet er.
Asylbehörden müssen selber urteilen
Dabei geht das Gericht so weit, dass es psychologische Tests sogar dann verbietet, sollte der Asylbewerber einwilligen. Es könnte sein, dass eine solche Einwilligung nicht ganz freiwillig erfolgt, weil der Asylbewerber befürchten könnte, dass ansonsten sein Asylantrag abgelehnt wird.
Mit dem heutigen Urteil stärkt der Europäische Gerichtshof die Rechte von homosexuellen Asylbewerbern in der EU grundsätzlich. Die Asylbehörden müssen sich in solchen Fällen auf das eigene Interview mit dem betroffenen Asylbewerber stützen. Sie müssen selber über das entsprechende Interviewpersonal verfügen, die einschätzen können, ob die Aussagen plausibel und stimmig sind.
Auf der Grundlage dieser Informationen müssen die Asylbehörden dann den Asylantrag beantworten.