- Politisch motivierte Straftaten haben in Deutschland deutlich zugenommen.
- Im vergangenen Jahr wurden fast 9 Prozent mehr solche Delikte erfasst als 2019.
- Insgesamt wurden rund 45'000 politisch motivierte Straftaten registriert.
«Es gibt eine klare Verrohungstendenz in unserem Lande», sagte der deutsche Innenminister Horst Seehofer bei der Vorstellung der Fallzahlen des Bundeskriminalamts (BKA) für das Jahr 2020.
Mehr als die Hälfte der registrierten politisch motivierten Straftaten seien rechtsextremistisch motiviert gewesen. Daher bleibe er bei seiner Feststellung, «dass der Rechtsextremismus die grösste Bedrohung für die Sicherheit in unserem Land ist», sagte Seehofer. Von den insgesamt 44.692 registrierten Fällen kamen 23.604 aus der rechtsextremen Szene, ein Plus von knapp 5.7 Prozent. Die registrierte Zahl an Straftaten dieser Gesinnung sei die höchste seit Beginn der Erfassung im Jahr 2001.
Delikte aus dem linksextremistischen Milieu stiegen ebenfalls stark an – der Statistik zufolge um mehr als elf Prozent auf 10'971. Unter Beobachtung bleibt auch die islamistische Szene. Laut Seehofer sind in Deutschland derzeit 579 Gefährder registriert.
Besonders schlimm sei die Zunahme der Gewaltdelikte um 18.8 Prozent. Elf Menschen insgesamt waren 2020 aus politischer Motivation ermordet worden, dreizehn Mordversuche wurden unternommen.
3559 Straftaten im Zusammenhang mit Pandemie
Die Bundesländer meldeten im Zusammenhang mit der Pandemie im vergangenen Jahr insgesamt 3559 politisch motivierte Straftaten – unter anderem Körperverletzung, Verstösse gegen das Versammlungsgesetz und Propagandadelikte.
Die Mehrheit – knapp 60 Prozent – dieser Straftaten waren laut BKA weder rechten noch linken Gruppierungen zuzuordnen. Sie richteten sich den Angaben zufolge vor allem gegen das Gesundheitswesen, den Staat, seine Einrichtungen und Symbole, gegen die Polizei und gegen «sonstige politische Gegner».
Mehr als verdoppelt hat sich gegenüber dem Vorjahr die Zahl der Straftaten, die sich gegen staatliche Einrichtungen und Symbole, Amts- und Mandatsträger richteten.
Opferberatungsstellen: Zahlen sind unvollständig
Judith Porath, Vorstand des Verbands der unabhängigen Opferberatungsstellen, sagte, die von den Polizeibehörden der Länder gemeldeten Zahlen zu rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt seien unvollständig.
Als Beispiel nannte sie eine lebensgefährliche Messerattacke auf einen jungen Algerier in Schweinfurt (Bayern), die fälschlicherweise nicht als rassistischer Angriff gewertet worden sei.