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Reformvorschläge der EU So soll der Euro stabilisiert werden

Worum geht es? Pünktlich zum Samichlaus-Tag hat die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker eine Liste mit Reformwünschen vorgestellt. Es gehe darum, den Euro nach stürmischen Jahren «wetterfest» zu machen, sagte Junckers Budget-Kommissar Günther Oettinger. Das «Nikolaus-Paket», wie es in Brüssel spasseshalber genannt wird, soll Antworten geben auf einige der drängendsten Fragen rund um den Euro.

Wer befiehlt? Eine Währung gilt üblicherweise in einem Staat mit einer Regierung. Diese ist für die Finanz- und Wirtschaftspolitik zuständig. Anders beim Euro: Er ist die Währung von 19 Ländern, jedes mit einer eigenen Regierung. Obwohl es gemeinsame Regeln und mit der EU-Kommission eine gemeinsame Behörde gibt: Letztlich kann jede Regierung mehr oder weniger tun, was sie will. Es fehlt eine Instanz, welche die Entscheide in den 19 Euro-Staaten in Einklang bringen kann. Unter dem Dach einer gemeinsamen Währung führt dies zu wirtschaftlichen Ungleichgewichten.

Jean-Claude Juncker will nun einen Europäischen Finanzminister schaffen. Dieser Posten gäbe den Anschein einer solchen Instanz. Doch eben nur den Anschein: Der neue Super-Minister wäre zwar auf dem Papier super, doch er könnte weder Steuersätze noch Gesetze für den Arbeitsmarkt vorschlagen. Er wäre ein Placebo-Minister. Deutschland hat bereits klar gemacht, dass es diesem Vorschlag nicht zustimmen wird.

Wer hilft im Krisenfall? Spätestens seit der grossen Weltfinanzkrise weiss jeder: Die Euro-Zone ist auf einen wirtschaftlichen Schock schlecht vorbereitet, sie benötigt ein Organ, das einem Land im Krisenfall beistehen kann. Ab 2010 wurde dafür ein Euro-Rettungsschirm – der heutige ESM – geschaffen. Er hat fünf Länder vor dem drohenden Staatsbankrott bewahrt, darunter Spanien und Griechenland. Der ESM wurde ausserhalb der eigentlichen EU-Strukturen geschaffen; Deutschland, Frankreich und andere grosse Kapitalgeber haben das Sagen. Zum Beispiel bei der Frage, welche Massnahmen in einem Krisenland wie Griechenland umgesetzt werden.

Juncker möchte den ESM umwandeln in einen Europäischen Währungsfonds (EWF) mit mehr Kompetenzen bei der Krisenbewältigung. Dadurch würde die Euro-Zone weniger abhängig vom Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington, der in der Vergangenheit auch immer ein Wort mitzureden hatte. Im Prinzip ist dieser Vorschlag unbestritten, auch Deutschland möchte einen EWF schaffen. Umstritten bleibt die Frage, wer in diesem Fonds was zu sagen hätte. Die EU-Kommission von Juncker möchte Einfluss haben, doch viele Mitgliedsstaaten lehnen das ab.

Sebastian Ramspeck

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Sebastian Ramspeck ist SRF-Korrespondent in Brüssel. Zuvor arbeitete er als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

Welche Politik ist im Krisenfall die beste? Wenn ein Land in eine schwere Wirtschaftskrise gerät, hat der Staat zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Entweder er senkt seine Ausgaben, streicht Gesetze und Beamtenstellen und hofft auf mehr private Investitionen. Oder er gibt mehr Geld aus, baut Schulen und Strassen und hofft, dass dadurch die Wirtschaft angekurbelt wird.

Welche Politik die beste ist, das ist ein ewiger Streit unter Ökonomen: die eine, die andere oder eine Kombination aus beiden. In der EU führt eine Schuldengrenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung dazu, dass Staaten ihre Ausgaben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kürzen müssen.

Jean-Claude Juncker ist der Auffassung, dass jedoch gerade in Krisenzeiten mehr Steuergelder in die Wirtschaft fliessen müssten. Er hat deshalb heute neue Finanzierungsinstrumente vorgeschlagen, mit denen die EU Krisenländer unterstützen würde. Dieser Vorschlag könnte zumindest in Teilen verwirklicht werden. Juncker geht weniger weit als der französische Präsident Emmanuel Macron, der ein Euro-Budget in der Höhe von etwa zwei Prozent der Wirtschaftsleistung vorgeschlagen hatte – doppelt so viel wie heute.

Wie geht es weiter? Die EU-Mitgliedsstaaten haben bereits klar gemacht, dass Junckers «Nikolaus-Paket» nicht die Blaupause einer grossen Euro-Reform sein wird, sondern höchstens eine Gesprächsgrundlage. Am Ende entscheiden die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten. Bereits beim nächsten Gipfeltreffen am 15. Dezember in Brüssel wollen sie sich dem Thema annehmen. Welche Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden, das steht am Samichlaus-Tag 2017 in den Sternen.

Sendebezug: SRF 4 News, 13:30 Uhr

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