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Regierungskrise in Österreich «20 Minuten»-Verlag profitiert von österreichischem Steuergeld

Österreichische Zeitungen erhalten viel Geld über Regierungsinserate. Darüber freut sich auch ein Schweizer Medienhaus.

Österreich versinkt im Politchaos. Sebastian Kurz verkündete den Rücktritt vom Kanzleramt, nachdem publik wurde, dass er mutmasslich in Korruptionsgeschäfte mit der Mediengruppe «Österreich» verstrickt ist. Konkret soll er Zeitungen mit staatlichen Anzeigen bezahlt und im Gegenzug eine wohlwollende Berichterstattung und frisierte Meinungsumfragen erhalten haben.

Das österreichische Polit-Magazin «Falter» begleitet die Causa Kurz in diesen Tagen eng. Im Interview mit der «Rundschau» bilanziert Chefredaktor Florian Klenk: «Sebastian Kurz und seine engsten Freunde haben Steuergeld genommen, um Studien zu bezahlen und damit Fake News zu produzieren.» Danach habe man diese Fake News auch noch in Gratisblättern verbreitet, indem man Regierungsinserate schalten liess.

Das System hinter dem Skandal

Der als «Inserateaffäre» bekannt gewordene Skandal zeigt einmal mehr die problematische Nähe von Boulevard und Politik in Österreich. Viele Medienhäuser erhalten über sogenannte Regierungsinserate Geld von der Bundesregierung und den Ministerien. Bezahlt von Steuergeldern.

Das allein ist nicht ungewöhnlich. Auch in der Schweiz inserieren Bund und Kantone in Zeitungen. Bemerkenswert sind allerdings die grossen Beträge, die von der österreichischen Regierung an einzelne Medienhäuser fliessen.

Der «Falter» kritisiert diese Vorgänge schon lange und bezeichnet sie als «Inserate-Korruption». Chefredaktor Klenk sagt zur «Rundschau»: «Es führt dazu, dass Medienmanager zu den Ministerien hin pilgern, um dort Vorschläge für Sonderbeilage oder Inseraten zu machen. Und hier kippt das System sehr oft.»

Laut einer aktuellen Studie gaben das Bundeskanzleramt und die Ministerien letztes Jahr insgesamt 33.5 Millionen Euro für Regierungsinserate aus. Am meisten – nämlich 57 Prozent der Regierungsausgaben – erhielten die drei Boulevardblätter «Österreich», «Kronen Zeitung» und «Heute».

Mit «Heute» profitiert auch ein Schweizer Medienhaus von österreichischen Steuergeldern: Die TX Group ist an der Gratiszeitung «Heute» mit 25 Prozent beteiligt und am Onlineportal heute.at mit einem Mehrheitsanteil von 51 Prozent.

Geld von Inseraten fliesst in die Schweiz

Wie lukrativ die österreichischen Regierungsinserate für die TX Group sind, will Marcel Kohler, der zuständige Geschäftsleiter, nicht sagen. Er bestätigt aber: «Ja, wir sind an den Einnahmen über staatliche Anzeigen bei ‹Heute› beteiligt.»

Dass so viel Geld von der Regierung die journalistische Unabhängigkeit gefährdet, findet er nicht. Das Beispiel «Heute» zeige: «Wenn man journalistisch und unternehmerisch sauber arbeitet, dann ist das kein Problem.»

Gegen Sebastian Kurz und weitere involvierte Personen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Bis es zu einem Ergebnis kommt, wird es Monate dauern. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Rundschau, 20.10.2021, 20:05 Uhr

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