- Reinhold Mitterlehner, Vizekanzler und Chef der konservativen Volkspartei (ÖVP), tritt von all seinen Ämtern zurück.
- In einer Brandrede kritisierte er die Medien im Umgang mit ihm und den Streit innerhalb der Koalitionsregierung. Er kritisiert aber auch massiv seine eigene Partei.
- Österreich steht vor unruhigen Zeiten. Ob es zu Neuwahlen kommt, ist offen.
Tiefe Gräben in der eigenen Partei: Der Rücktritt des Vizekanzlers kommt insofern überraschend, als Reinhold Mitterlehner noch am Dienstag gesagt hat, die Regierungsarbeit mache ihm Spass. Aber so richtig Spass wird sie ihm nicht gemacht haben, denn Mitterlehner wurde von seinen eigenen Parteikollegen angegriffen, von Aussenminister Sebastian Kurz und von Innenminister Wolfgang Sobotka.
Mitterlehner ist ein Mann des Ausgleichs, aber seine beiden ÖVP-Ministerkollegen wollen in Österreich eine ganz andere Politik: «Law und Order» und eine wirtschaftsliberale Wende. Das war mit Mitterlehner, der aus der Sozialpartnerschaft kommt, nicht zu machen – genauso wenig wie mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner.
Die Zukunft der Regierungskoalition: Für eine Weile kann das noch so weitergehen. Aber inhaltlich wird es kaum vorwärtsgehen bei den Reformen des Staats, der Pensionen, der Steuern und so weiter.
Die Positionen vom vermutlich neuen konservativen Parteichef, Sebastian Kurz, und von Bundeskanzler Christian Kern sind da himmelweit entfernt. Der SPÖ-Chef Kern will nicht derjenige sein, der die Regierung platzen lässt. Denn man weiss aus der Geschichte: In Österreich wird derjenige, der Neuwahlen provoziert, bei den Erneuerungswahlen bestraft. Man wird vermutlich noch über den Sommer kommen, dann weiss man auch, wie sich die Konservativen neu positionieren werden.
Konservative Partei vor Scherbenhaufen: Schelbert geht von Neuwahlen aus, auch wenn das Österreich nicht viel bringt. Aber die Konservativen wollen raus aus dieser Koalition. SPÖ und ÖVP sind schon seit Jahrzehnten Partner, haben sich aber verschlissen in diesem quasi Ehekrach.
Neue Köpfe werden nur kurzfristig die Misere überbrücken können. Bei rasch angesetzten Neuwahlen könnte der politische Shooting Star Sebastian Kurz neue Leute ansprechen. Doch mit wem will er koalieren? Wieder mit den Sozialdemokraten? Was wäre dann anders? Oder mit den Freiheitlichen, die seine «Law and Order»- und restriktive Flüchtlingspolitik unterstützen, aber nicht seine wirtschaftsliberale Agenda? Der Bruch mit der Kompromisspolitik ihres zurückgetretenen Parteichefs könnte die konservative ÖVP teuer zu stehen kommen.