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Kachelmann erhält recht
Aus Rendez-vous vom 10.01.2019. Bild: Imago
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Rote Karte für «Bild» Späte Genugtuung für Jörg Kachelmann

Deutsche Gerichte verboten der «Bild»-Zeitung zu Recht, Kachelmann im Gefängnis zu zeigen. Trotzdem ist das kein Urteil gegen die Pressefreiheit.

Der Fall sorgte weit über die Boulevardmedien hinaus für Schlagzeilen. Der Journalist und Wettermoderator Jörg Kachelmann stand unter dem Verdacht, seine Geliebte vergewaltigt und körperlich verletzt zu haben. 2011 wurde er jedoch freigesprochen.

Kachelmann erhält mehrmals recht

Davor befand er sich in Untersuchungshaft. Dort entstand ein Schnappschuss, der ihn mit nacktem Oberkörper in einem Gefängnishof zeigt. Die «Bild»-Zeitung publizierte dieses Foto – auch noch nach dem Freispruch. Dagegen klagte Kachelmann und bekam vor deutschen Gerichten recht. Es stehe kein legitimes Informationsinteresse mehr an einer Weiterverbreitung des Bildes, so die Richter.

Der Axel-Springer-Verlag, der die «Bild»-Zeitung herausgibt, klagte gegen das Publikationsverbot schliesslich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dort unterlag er nun. Das Urteil erfolgte einstimmig und ist endgültig.

Auch die obersten Menschenrechtsrichter in Strassburg gewichteten in diesem Fall den Schutz der Privatsphäre höher als die Meinungsäusserungsfreiheit. Beide Prinzipien sind in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert.

Jörg Kachelmann mit Halstuch, er lacht.
Legende: Jörg Kachelmann Ende 2018: Der Wettermodarator ist zurück. Bald ist er beim MDR wieder als Moderator in einer Unterhaltungssendung zu sehen. Keystone

Kein öffentliches Interesse an dem Foto

Die Richter teilen damit die Auffassung der Vorinstanzen, die kein öffentliches Interesse an einer weiteren Verwendung des Häftlingsbilds mehr erkennen. Sie betonen ausserdem, das Bild sei in einem Gefängnishof aufgenommen worden, also nicht in einem öffentlichen Raum, wo eine prominente Person wie Kachelmann damit rechnen müsse, fotografiert zu werden.

Das Strassburger Urteil hat grundsätzliche Bedeutung. Es wird europaweit lokale und nationale Gerichte bestärken oder ermuntern, sorgfältig zwischen Pressefreiheit und dem Recht auf Privatsphäre abzuwägen.

Grenzen für die Pressefreiheit

Grundsätzlich – und wenn es nicht um den Privatsphärenschutz geht – urteilt Strassburg grosszügig und ziemlich konsequent zugunsten der Medienfreiheit. So widersetzte sich der Gerichtshof wiederholt Versuchen von Staaten, willkürlich Dinge für geheim zu erklären. Er sprach sich in begründeten Fällen sogar zugunsten von verdeckten Recherchen aus. Und er verteidigt das Recht von Journalisten, ihre Quellen zu schützen, also geheimzuhalten.

Auf diese Weise stärkt der Menschenrechtsgerichtshof seit Jahren in vielen Mitgliedsländern des Europarates – und damit auch in der Schweiz – die Pressefreiheit. Damit vergrössert er den Spielraum für Journalisten.

Mit dem neusten Urteil mahnt Strassburg aber, dass auch die Presse- und Publikationsfreiheit Grenzen hat.

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