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Rückkehr von Netanjahu? Ganz praktische Probleme sind in Israel kaum Wahlkampf-Thema

Am 1. November wird in Israel gewählt – es ist die 5. Wahl in weniger als vier Jahren. Der Wahlkampf gewinnt langsam an Fahrt, und alles dreht sich um die Frage, ob der Ex-Premier Benjamin Netanjahu an die Macht zurückkehrt oder nicht. Dabei geht es um Fragen der Identität und Ideologie.

Kaum Thema in diesem Wahlkampf sind hingegen ganz praktische Probleme: die hohen Lebenshaltungskosten etwa. Und vor allem die enorm angestiegenen Mieten und Immobilienpreise.

Totalee auf die Skyline von Tel Aviv.
Legende: Am Dienstag in einer Woche wird in Israel gewählt. Im Wahlkampf dominiert vor allem die Frage: Schafft Ex-Premier Benjamin Netanjahu ein Comeback? Die Immobilienpreise in Tel Aviv (Bild) sind da nebensächliches Thema. Reuters/AMIR COHEN

Wohnen in Israel ist teuer. Sehr teuer. Nimrod Bousso ist Chefredaktor von «Merkaz haNadlan», einer Online-Publikation für die Immobilienbranche. In den vergangenen 14 Jahren seien die Preise für Immobilien um 130 Prozent gestiegen, erzählt Bousso in einem Café im Süden Tel Avivs – allein im vergangenen Jahr verteuerten sich Immobilien um 19 Prozent. 

Die Wirtschaft floriert, nicht alle profitieren

Der Preisanstieg bezieht sich nicht nur auf Wohneigentum, auch die Mieten sind betroffen. Die Gründe für diesen Anstieg sieht Bousso im vergleichsweise hohen Bevölkerungswachstum, es sind fast zwei Prozent jährlich, unter anderem wegen des Kinderreichtums vieler Familien. In dem kleinen Land ist der Platz für Neubauten ausserdem beschränkt.

Nimrod Bousso im Portät
Legende: Nimrod Bousso stellt einen massiven Anstieg der Immobilienpreise fest. Nicht alle können sich das leisten. SRF/Anna Trechsel

Und noch etwas: Die Wirtschaft floriert, viel Geld fliesst ins Land, vor allem dank der High-Tech-Industrie – das heisst wegen der Forschung und Entwicklung von Software, von Kommunikationstechnologie oder der Cybersicherheit. Es gibt also mehr Haushalte, und vielen dieser Haushalte geht es wirtschaftlich besser und besser.  Viele Leute können sich teuren Wohnraum leisten. Als Käuferinnen oder als Mieter.

2700 Fr. im Monat für 60 Quadratmeter – auch kein Taschengeld

Einer von ihnen ist Dan Klarman. Er empfängt uns in seiner Wohnung in der Schlomo-haMelekh-Strasse, in einem freundlichen, grünen Quartier im Norden Tel Avivs. Die Wohnung im vierten Stock ist hell, neu renoviert, hat einen hübschen Balkon, der den Blick freigibt über die Häuserflut von Nord-Tel-Aviv. In der Ferne erahnt man das Mittelmeer. Der Software-Ingenieur arbeitet beim Facebook-Konzern Meta, das Büro ist von seiner Wohnung aus bequem per Velo erreichbar. Für die Zweizimmerwohnung von 60 Quadratmetern zahlt Mieter Klarman monatlich etwa 2700 Franken. Auch für ihn kein Taschengeld, sagt er.

Dan Klarman im Porträt auf seinem Balkon.
Legende: Dan Klarman wohnt in Tel Aviv und kann sich als Angestellter der High-Tech-Branche eine Wohnung über den Dächern der Stadt leisten. SRF/Anna Trechsel

Als Angestellter der High-Tech-Branche gehört Klarman zu den Grossverdienern in Israel – ihre Durchschnittslöhne sind doppelt so hoch wie die Löhne anderer Angestellter. Es sind aber nur gut 10 Prozent der berufstätigen Bevölkerung, die in der High-Tech-Industrie arbeiten.

Existenzielle Dinge erscheinen im Wahlkampf nebensächlich

Der Immobilienmarkt habe sich quasi auf sie ausgerichtet, sagt Branchen-Experte Bousso. Es gebe immer noch viele Lehrerinnen, Polizisten, oder Journalisten wie er – Leute mit normalen Jobs, die nicht mithalten könnten mit diesen Preisen. Für sie wird es schwierig bis unmöglich, Wohnungen oder Häuser zu kaufen oder die hohen Mieten zu bezahlen.  

Hohe Lebenskosten ist die Sorge Nr. 1

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Laut einer Umfrage des «Israel Democracy Institute» stehen die hohen Lebenskosten für die israelischen Wählerinnen und Wähler zuoberst auf dem Sorgenbarometer. Umso erstaunlicher, dass diese im Wahlkampf kaum thematisiert werden.

Für einen Israeli sei das nicht überraschend, sagt Nimrod Bousso: Die Parteien präsentierten in ihren Wahl-Plattformen denn auch kaum Lösungsvorschläge, weil sie wüssten, dass diese letztlich doch nicht wahlentscheidend seien.

Doch allgemein geht es bei den Wahlen laut Bousso mehr um ideologische Fragen statt um alltägliche Probleme: Der Konflikt mit den Palästinensern, das Verhältnis zwischen Religion und Staat sind die Top-Themen. Und immer wieder geht es um den langjährigen Regierungschef Benjamin Netanjahu, der mehrere Prozesse wegen Korruption und Betrug am Hals hat und wieder an die Macht will. Das Land ist tief gespalten. Selbst so existenzielle Dinge wie ein Dach über dem Kopf erscheinen dagegen nebensächlich.

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