Vor dem Palazzo Grazioli biwakierten zeitweise die Paparazzi. Jene Fotografen also, die tagelang ausharrten, um Prominenten aufzulauern und intime Einsichten zu erhaschen. Das Römer pied-à-terre des Mailänders Silvio Berlusconi war während Jahrzehnten ein zentraler Schauplatz italienischer Politik.
Der massive, dreistöckige Bau liegt nur wenige Meter entfernt von jenem Palast, von dem aus einst Benito Mussolini, der Duce, Italien in die Diktatur, den Krieg und ins Verderben geführt hatte. Aber auch der Altar der Heimat, dieses strahlend weisse, weitgehend hohle, einer Schreibmaschine ähnelnde Gebäude, liegt in allernächster Nachbarschaft.
Diesen zentralen Ort hatte Berlusconi vor 25 Jahren ausgewählt und gemietet. Die Miete, die er zahlte, war nie ein Geheimnis und astronomisch hoch. Hier empfing er die Mächtigen Italiens und der Welt.
Auch hier feierte er seine cene eleganti – eine nett-verharmlosende Umschreibung für jene feucht-fröhlichen Nächte, wo, weiss man heute durch Gerichtsurteile, auch Prostituierte zugegen waren. In solchen Nächten wurde jenes Unwort kreiert, das um die Welt ging: Bunga Bunga.
Der Palazzo Grazioli, im Besitz einer noblen Römer Familie, hat viel gesehen. Wegen Berlusconi und dem Hof, den er hielt, wurde zeitweilig die gut frequentierte Bushaltestelle gleich vor dem Palazzo Grazioli verlegt. Für die Römerinnen und Römer brachte das unbequeme Umwege.
Heute halten die Busse wieder. Denn Berlusconi hat deutlich weniger Einfluss und kaum mehr Besuch. Und als guter Geschäftsmann, der er immer war, zieht er daraus nun die Konsequenz: Er wolle ausziehen, meldeten diverse italienische Medien.
Vom Zentrum der Macht zum Friedhof
Ganz ohne Römer Sitz wird Berlusconi aber auch in Zukunft nicht sein. Seit Jahren besitzt er eine Villa an der Via Appia. Auch das ein Symbol: Die Appia gilt als Königin der Strassen. Sie symbolisiert aber auch die Endlichkeit.
Denn dort, vor den Toren des antiken Roms, begruben die alten Römer ihre Toten. Eigentlich ist das Terrain entlang der Via Appia ein riesiger Friedhof. Dorthin also zieht es den alten Berlusconi, zumindest in jener knapp bemessenen Zeit, die er jeweils noch in Rom verbringt.