Zum Inhalt springen

Header

Video
Getötete russische Journalisten nach Moskau überführt
Aus Tagesschau vom 05.08.2018.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 24 Sekunden.
Inhalt

Russische Söldner in Afrika Investigative Journalisten «aus dem Weg geräumt»?

Nach dem gewaltsamen Tod von russischen Journalisten in Zentralafrika sind deren Leichen nach Moskau überführt worden.

Bei einer Recherche über russische Söldner in der Zentralafrikanischen Republik sind Ende Juli drei Journalisten getötet worden. Die Reporter waren für ein Projekt des früheren Oligarchen und heutigen Kreml-Kritikers Michail Chodorkowski unterwegs. Bei den Dreharbeiten wurden sie von Unbekannten erschossen.

Inzwischen sind die sterblichen Überreste der drei Moskauer Reporter für eine Obduktion zurück nach Russland überführt worden. Hier soll die Todesursache der drei Männer untersucht werden.

Im Auftrag von Michail Chodorkowski

Kirill Radtschenko, Alexander Rastorgujew und Orhan Dschemal sollten im zentralafrikanischen Krisengebiet einen Dokumentarfilm über russische Kriegssöldner drehen. Auftraggeber war der Unternehmer und Multimillionär Michail Chodorkowski. Er befand sich zwischen 2003 und 2013 wegen Steuerhinterziehung in Haft. Nach einem anschliessenden Jahr in der Schweiz lebt Chodorkowski heute in London.

Im Dokumentarfilm sei es konkret um die sogenannte Gruppe Wagner gegangen, erklärt ein Kollege der ermordeten Reporter: «Sie wollten zeigen, wie das private Militärunternehmen Kämpfer der Regierung ausbildet. Zudem sollte es um russische Interessen in der Zentralafrikanischen Republik gehen: Gold, Edelsteine und wahrscheinlich auch Uran», sagt Andrej Konyakin vom Investigations Management Centre (IMC).

Private russische Söldner der «Gruppe Wagner»

Box aufklappen Box zuklappen

Russland setzt vor allem in Syrien neben regulären Soldaten auch Söldner einer Privatarmee ein. Sie ist bekannt unter dem Namen «Gruppe Wagner». Kommandant ist der ehemalige russische Oberstleutnant Dimitri Utkin. Er schied 2013 aus dem aktiven Militärdienst aus. Bis dahin führte er eine Speznas-Einheit des russischen Militärnachrichtendienstes GRU.

Utkins Kampfname Wagner (nach dem deutschen Komponisten Richard Wagner) wurde zum Name eines neuen privaten Sicherheits- und Militärunternehmens, der «Gruppe Wagner» mit einer vermuteten Stärke von 2500 Personen.

Laut Medienberichten waren Angehörige der «Gruppe Wagner» auf der Krim aktiv und später in der Ostukraine, in Syrien und auch in Zentralafrika.

«Wagner-Truppe» offenbar in Zentralafrika aktiv

Die Söldner der «Gruppe Wagner» agieren meist verdeckt. Der Blogger und Militärexperte Ruslan Lewiew vom Conflict Intelligence Team ist überzeugt, dass die «Wagner-Truppe» in der Zentralafrikanischen Republik aktiv ist.

«Ende des vergangenen Jahres haben wir in sozialen Netzwerken gesehen, dass Kämpfer für einen Afrika-Einsatz angeworben wurden. Später haben wir Informationen bekommen, dass russische Söldner in der Zentralafrikanischen Republik aufgetaucht sind», sagte er einem russischen Radiosender nach Angaben der ARD.

Moskau schicke seine privaten Söldner oft in Konfliktgebiete, wo Russlands Interessen geräuschlos vertreten werden sollen, sagt Ruslan Lewiew. Es sei möglich, dass die Söldner für den Tod der drei Reporter verantwortlich sind: «Die ‹Gruppe Wagner› wusste von den Journalisten. Es ist denkbar, dass sie den Mord organisiert haben, um weiter ungestört agieren zu können und den Dok-Film zu verhindern. So ein Verbrechen lässt sich im Chaos eines Kriegsgebietes leicht durchführen.»

«Wohl ein Raubüberfall»

Solche Aussagen hat das russische Aussenministerium als haltlose Spekulationen zurückgewiesen. Russische Militärexperten trainierten ausschliesslich einheimische Truppen. Die Reporter seien wohl Opfer eines Raubüberfalls geworden.

In einer Stellungnahme sagte Maria Sacharowa, Leiterin der Abteilung für Information und Presse des russischen Aussenministeriums: «Erste Untersuchungen haben ergeben, dass die Journalisten bei dem Angriff durch bisher Unbekannte Widerstand geleistet haben. Dabei wurden sie getötet.»

Bereits seit Anfang des Jahres unterstützt Russland die Regierung der Zentralafrikanischen Republik mit Militärausbildern, Waffen und Schutz für den Präsidenten. Dessen Sicherheitsberater ist ein Russe.

Laut Sacharowa halten sich auf Bitten des Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik derzeit 175 russische Militärberater im Land auf, darunter fünf Offiziere der Streitkräfte und 170 Zivilisten. Aber russisches Militär nehme nicht an Kämpfen teil, so Sacharowa. Fachleute vermuten aber, dass diese zivilen Ausbilder der «Gruppe Wagner» angehören.

Die Zentralafrikanische Republik als rohstoffreiches Land ist für seinen extrem schwachen Staatsapparat und ausufernde Korruption bekannt. Weite Teile des Staatsgebiets werden von bewaffneten Banden kontrolliert.

In diesem politischen Chaos wird es darum kaum möglich sein, den Tod der drei russischen Journalisten restlos aufzuklären. Und viele Reporter werden es sich jetzt noch genauer überlegen, ob sie sich den Söldnern der «Gruppe Wagner» an die Fersen heften wollen.

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel