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Schlag gegen Cosa Nostra Die Menschen in Sizilien haben genug von der Mafia

Der Boss der Bosse wurde verhaftet – und die Bevölkerung zeigt ihre Freude mit Jubel und Klatschen auf der Strasse.

Darum geht es: Die sizilianische Mafia Cosa Nostra musste Mitte Januar einen schweren Schlag einstecken. Die italienische Polizei verhaftete ihren obersten Chef, Matteo Messina Denaro. Der 60-Jährige war drei Jahrzehnte lang auf der Flucht. Den Mafiajägerinnen und -jägern gelang die Festnahme in der Privatklinik «La Maddalena» in Palermo, in der er sich laut Medienberichten wegen Darmkrebses hatte behandeln lassen wollen. Trotz des Erfolgs der Fahnder: «Das Mafia-Geschäftsmodell und die -Struktur funktionieren natürlich weiter», sagt SRF-Italienkorrespondent Peter Voegeli.

Frauen, Männer und Kinder mit weissen Blättern, die einen Neuanfang ohne Mafia signalisieren.
Legende: In Castelvetrano auf Sizilien, dem Geburtsort von Messina Denaro, demonstrieren die Menschen nach dessen Verhaftung gegen die Cosa Nostra. Reuters/Remo Casilli

Langwierige Fahndung: In den vergangenen Jahrzehnten suchten diverse Anti-Mafia-Agenten der Carabinieri und der Polizei nach Messina Denaro, der für Dutzende Morde verantwortlich sein soll. Darunter sind die tödlichen Bombenanschläge auf die Mafiajäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino 1992. In den letzten Jahren wurde der Mafiaboss bei unzähligen Razzien auf Sizilien immer wieder verpasst. Doch das Netz der Fahnder zog sich sukzessive zu, so wurde beispielsweise auch seine Schwester verhaftet. Schliesslich führte die Darmkrebserkrankung die Fahnder zu Messina Denaro – über die minuziöse Auswertung des Darmkrebsregisters, nachdem durchgesickert war, dass der Mafiaboss daran erkrankt war.

So funktioniert die Cosa Nostra: Messina Denaro war Boss der Bosse der Cosa Nostra und damit auch Chef in der «Cupola». Dort sind alle Mafiabosse der sizilianischen Mafia vertreten. Das Gremium entscheidet im Konsens – meist geht es darum, den Frieden zwischen den verschiedenen Mafiaclans sicherzustellen. Messina Denaro sei «so etwas wie eine graue Eminenz» gewesen, sagt der Korrespondent. Die Cosa Nostra gibt es seit rund hundert Jahren. Inzwischen ist die erste Generation Mafiosi ausgestorben und die zweite Generation im Gefängnis. Am Ruder sei jetzt eine Generation Mafiosi im Alter von 30+, so Voegeli.

Das tut die Mafia: Die Geschäftsfelder der Cosa Nostra umfassen heutzutage Prostitution, Drogen, Immobilien, Drogen, Wetten, aber auch die Landwirtschaft, wo hohe Subventionen ertrogen werden können. «Dieses Geld muss gewaschen werden», sagt der Korrespondent. Dies geschehe mittels Krediten – etwa an Baufirmen oder Beteiligungen – wie Windräder, Banken, Restaurants oder Einkaufszentren. Das beschränkt sich keineswegs auf Sizilien. In ganz Europa werden die Gelder investiert und gewaschen. «Der moderne Mafioso ist nicht der mit der Pistole, sondern das sind IT-Spezialisten, Banker und Anwälte», so Voegeli.

So reagiert die Bevölkerung: Auf Sizilien zeigten die Menschen ihre Freude über die Verhaftung Messina Denaros. Videos sind im Umlauf, auf denen sie mit Klatschen und Jubel auf die Verhaftung reagieren. Immer mehr Menschen hätten die Nase voll von den mafiösen Verhältnissen: «Es gibt eine Zivilgesellschaft, die sich gegen die Mafia wehrt», stellt Voegeli fest. Darunter seien auch Künstler oder etwa die Komiker Ficarra e Picone, die grosse Erfolge feiern. «Humor ist eine wichtige Waffe gegen gewalttätige Organisationen oder Diktaturen», stellt der Korrespondent fest. Und dieses selbstbewusste Auftreten der Zivilbevölkerung sei für die Mafia gefährlich.

SRF 4 News, 01.02.2023, 09:16 Uhr ; 

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