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Schlechtes Image von Soldaten Japan rüstet auf – aber die Verteidigungsbereitschaft ist gering

Weil sich Japan von China und Nordkorea bedroht fühlt, sieht die neue Verteidigungsstrategie eine Verdoppelung des Wehretats vor. Aber: Die Verteidigungsbereitschaft ist gering, der Soldatenberuf hat ein Imageproblem und es gibt immer weniger junge Leute im wehrfähigen Alter.

Japan rüstet auf und investiert massiv in Kampfflugzeuge, Kriegsschiffe, in Raketen und in die Cyberabwehr. «Als wohlhabendes Land können wir das finanzieren», sagt Professor Kazuto Suzuki der Universität Tokio. Derzeit verfügten die Verteidigungskräfte über viel zu wenig Mittel.

Die grösste Herausforderung liegt nicht bei der Beschaffung von Rüstungsgütern, aber bei der Rekrutierung von Soldaten und noch viel stärker von Soldatinnen. Derzeit beträgt die Truppenstärke 250'000 Personen. Schon im laufenden Jahr wurde das Rekrutierungsziel von gut 10'000 Soldaten um mehrere tausend verpasst.

Japan misstraut China

Der langjährige japanische Spitzendiplomat, Yasushi Akashi, bezeichnet die Art und Weise, wie China seine Macht ausspielt, als «äusserst aggressiv». Auch Umfragen zeigen: Rund neunzig Prozent der japanischen Bevölkerung misstraut China.

Dieses Misstrauen sorge aber nicht automatisch für eine höhere Bereitschaft, Wehrdienst zu leisten. «Leider ist dem nicht so», meint Akashi. Die Gefahr ist zwar erkannt, man will daher viel mehr in die Verteidigung investieren. Hingegen fehlt bei einer Mehrheit nach wie vor die Bereitschaft, die Heimat im Kriegsfall selber zu verteidigen.

Fünf Soldaten stehen vor der  Flagge der Boden­selbstverteidigungs­streitkräfte.
Legende: Soldaten der Amphibious Rapid Deployment Brigade der Japanese Ground Self-Defense Force bei einer Zeremonie auf der südwestlichen Insel Kyushu. (Bild vom 7. April 2018) REUTERS/Issei Kato TPX

Die Gründe sind vielfältig: Nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich der damalige Aggressor Japan, auf Geheiss der Amerikaner, eine pazifistische Verfassung geben. Bis heute wird nicht von einer Armee gesprochen, sondern von «Selbstverteidigungskräften». Entsprechend ist in der Bevölkerung eine antimilitaristische Grundhaltung verbreitet.

Die Streitkräfte sind in einem Land mit attraktiven Berufsperspektiven keineswegs die erste Adresse für Stellensuchende.
Autor: Kazuto Suzuki Professor an der Universität Tokio

Dazu kommt: «Die Streitkräfte sind in einem Land mit attraktiven Berufsperspektiven keineswegs die erste Adresse für Stellensuchende», sagt Kazuto Suzuki. «Über Jahrzehnte hinweg fehlten zudem die Kontakte zwischen den höheren Bildungsstätten und dem Militär. Der Graben ist tief.»

Ausserdem sind die Gehälter bei den Streitkräften schlecht und das Renommee des Soldatenberufs ist gering. Die Ausgestaltung des Wehrdiensts ist unattraktiv, bis hin zu völlig antiquierten Kasernen.

Dann ist da auch noch die Demografie: Japan ist eines der am stärksten überalterten Länder der Welt. Es gibt immer weniger Kinder, die Bevölkerung schrumpft. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Zahl der wehrfähigen jungen Leute praktisch halbiert.

Kampagnen und Modernisierung sollen es richten

Ein Lösungsversuch besteht nun in teuren Regierungskampagnen, die das Image der Selbstverteidigungskräfte und des Soldatenberufs aufpolieren sollen. Der andere Ausweg besteht darin, stark auf eine Hightech-Armee zu setzen. «Heute ist», so Professor Suzuki, «nicht mehr das Zeitalter von Infanteristen. Gebraucht werden stattdessen Cyberspezialistinnen, Ingenieure, Wissenschaftlerinnen, Experten für künstliche Intelligenz.»

Bloss: Ganz ohne Matrosen, Piloten, Panzerfahrerinnen oder Grenadiere geht es auch nicht. Und wenn eine Armee quasi doppelt so gross wird, braucht es auch von ihnen deutlich mehr. Suzuki hofft, dass allmählich mehr Junge die Bedeutung des Militärs einsähen.

Das Problem der Rekrutierung haben derzeit manche westliche Länder, die wegen der neuen Bedrohungslage ihre Armeen wieder stark vergrössern. So akut wie in Japan ist es allerdings nirgendwo sonst.

 

Echo der Zeit, 13.06.2023, 18:00 Uhr

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