Rechtsanwalt Konstantinos Starantzis in Athen schwitzt, aber nicht wegen der Hitze. Bis Ende Juli hat er einen Kundenansturm zu bewältigten. Bis dahin gilt noch die alte Regelung, wonach man bei einer Investition von 250'000 Euro ein sogenanntes goldenes Visum erhält. Es gilt für die ganze Familie und den gesamten Schengenraum; es ist zwar auf fünf Jahre begrenzt, kann aber problemlos erneuert werden.
«Wer ein goldenes Visum hat, kann den Rest seines Lebens in der EU leben, wenn er nicht rechtskräftig verurteilt wird», sagt Asienexperte Plamen Tonchev vom Institute of International Economic Relations in Athen. Nirgendwo in der EU war bislang ein solches goldenes Visum günstiger zu haben als in Griechenland. Ab August kostet es neu 500'000 Euro.
Cynthia aus Peking
Die Zahl der Antragsteller hat sich deshalb in den letzten Monaten verdreifacht. 62 Prozent stammen aus China, 7 Prozent aus der Türkei, 4.5 Prozent aus dem Libanon und knapp 4 Prozent aus Russland.
Cynthia aus Peking hat in den vergangenen Jahren fünf Wohnungen in Athen gekauft. «Weil ich ein goldenes Visum für meine Tochter wollte», sagt sie in einem Videocall. Denn das Visum ermöglicht der Tochter ein Studium, nicht nur in Griechenland, sondern überall in der EU. 83 Prozent der chinesischen Investorinnen und Investoren nennen die Ausbildung ihrer Kinder als Motiv für ein goldenes Visum.
Dazu braucht man allerdings nicht fünf Wohnungen. Aber viele aus dem chinesischen Mittelstand wollen ihr Geld im Ausland parkieren, weil sie ihrer Regierung misstrauen. Dazu kommt: «Eine Dreizimmerwohnung in einer chinesischen Metropole wie Shanghai kostet schnell mal eine Million Euro, dieselbe Wohnung kann man in Athen für 250'000 Euro kaufen», weiss Asienexperte Tonchev.
Kaum Profit für Griechenland
Griechenland dagegen profitierte kaum von den goldenen Visa. Das Programm wurde 2013 eingeführt. Griechenland brauchte, bedroht vom Staatsbankrott, dringend Geld, und sah im «Golden Visa»-Programm eine einfache Form ausländischer Direktinvestition. Allerdings mit wenig Erfolg.
«Die goldenen Visa haben der griechischen Wirtschaft etwa zwei bis drei Milliarden Euro gebracht», schätzt Tonchev, «das ist nicht viel angesichts einer Staatsverschuldung von 370 Milliarden Euro.» Noch weniger hat es dem griechischen Fiskus an Steuern eingebracht. Und noch einmal weniger bringt es den Griechinnen und Griechen: Einerseits steigen die Mieten durch die steigenden Immobilienpreise, «andererseits verkaufen manche jetzt ihre Zweitwohnungen, weil sich der Mittelstand noch immer nicht von der Finanzkrise erholt hat», weiss Anwalt Starantzis.
Falsches Gold
Im Verlauf der letzten zehn Jahre kam es zu zahlreichen Betrugsfällen bei der Vergabe von goldenen Visa. Die EU-Kommission kritisiert die goldenen Visa heute, weil sie fürchtet, dass das Programm zur Geldwäsche benutzt wird oder als Einfallstor für Kriminelle in die EU dient. Portugal und Spanien wollen ihre «Golden Visa»-Programme aufgeben.