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Scholz besucht Macron Deutschland–Frankreich: Gemeinsame Erklärung und Wiederannäherung

Die Feierlichkeiten zu 60 Jahren Élysée-Vertrag wollen beide Länder dazu nutzen, wieder enger zusammenzurücken.

Was wird gefeiert? Vor 60 Jahren wurde der Élysée-Vertrag zur Aussöhnung der beiden einstigen Kriegsgegner unterzeichnet. Er gilt bis heute als Grundlage für die deutsch-französische Freundschaft. Die Jubiläumsfeierlichkeiten in Paris wollen beide Länder dazu nutzen, wieder enger zusammenzurücken.

Wie und wann wird gefeiert? In Paris kamen das deutsche und das französische Kabinett zu gemeinsamen Beratungen zusammen. Damit sollte anlässlich des 60. Jahrestages des Élysée-Vertrages die besondere Nähe beider Länder unterstrichen werden. Beim Festakt der beiden Parlamente nahmen auch die Regierungen teil.

Scholz sagt «Merci», Macron will EU stärken

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Beim Festakt hat Scholz Frankreich für seine Freundschaft gedankt. «Danke, Herr Präsident – danke aus ganzem Herzen», sagte der deutsche Bundeskanzler auf Französisch an Macron gewandt. Auch den Franzosen sagte er: «Danke Ihnen, unseren französischen Brüdern und Schwestern, für Ihre Freundschaft.». Scholz betonte die Notwendigkeit eines souveränen Europas, für das beide Länder gemeinsam arbeiteten. «Indem wir unsere Kräfte dort bündeln, wo die Nationalstaaten allein an Durchsetzungskraft eingebüsst haben – bei der Sicherung unserer Werte in der Welt, beim Schutz unserer Demokratie gegen autoritäre Kräfte. Aber auch im Wettbewerb um moderne Technologien, bei der Sicherung von Rohstoffen, bei der Energieversorgung oder in der Raumfahrt», sagte er.

Macron forderte, dass Deutschland und Frankreich bei der Gestaltung der Zukunft Europas voranschreiten sollten. «Es ist eine immense Arbeit, die noch vor uns liegt, um unser Ziel eines souveräneren, demokratischeren und solidarischeren Europas zu erreichen». Weil Deutschland und Frankreich den Weg zur Versöhnung geebnet hätten, müssten beide Länder nun gemeinsam Pioniere sein bei der Neugründung und Stärkung Europas. Dabei gehe es um die künftige, umweltfreundliche Energieversorgung, Investitionen in den ökologischen Wandel, eine stärkere Unabhängigkeit bei der Rohstoffversorgung, aber auch um Fragen der Verteidigung. Erforderlich sei gemeinsame Pionierarbeit für eine EU, die in der Lage sei, sich als eigenständige geopolitische Macht zu etablieren.

Was steht in der Erklärung? Deutschland und Frankreich haben vereinbart, die zwischen Spanien und dem südfranzösischen Marseille geplante Wasserstoff-Pipeline nach Deutschland zu verlängern. Es soll ein europäisches Wasserstoff-Rückgrat mit der Ausweitung und Anbindung von Pipelines über Grenzen hinweg entstehen. Auch das Stromnetz innerhalb der EU soll ausgeweitet und verstärkt werden.

Erklärung zur Ukraine

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Beide Länder verurteilen Russlands Angriffskrieg und versprechen der Ukraine «weiterhin unerschütterliche Unterstützung in allen uns möglichen Bereichen, insbesondere im politischen, militärischen, wirtschaftlichen, finanziellen, humanitären, sozialen, kulturellen Bereich». Die Ukraine, Moldawien und Georgien wollen sie auf ihrem Weg in die EU unterstützen. Zudem wollen Deutschland und Frankreich ihre Sicherheits- und Verteidigungsstrategien «enger zusammenbringen» und die Zusammenarbeit der Streitkräfte in Europa verbessern.

Beide Länder wollen zudem den klimafreundlichen Umbau ihrer Wirtschaft vorantreiben und den Ausbau erneuerbarer Energien – allerdings «unter Achtung des Prinzips der Technologieneutralität». Im Gegensatz zu Deutschland setzt Frankreich bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen nämlich stark auf Atomstrom. Diese unterschiedliche Ausrichtung erkennen beide Seiten an. Beide Länder wollen die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Produktion in der EU mit einer ehrgeizigen Strategie sowie durch vereinfachte und beschleunigte Verfahren für staatliche Hilfen und ausreichende Finanzierung stärken. Dass es dabei auch um eine Reaktion auf das US-Inflationsbekämpfungsgesetz mit milliardenschweren Investitionen in den Klimaschutz und einer befürchteten Benachteiligung europäischer Firmen geht, wird in der Erklärung allerdings nicht gesagt. Zudem wurde vereinbart, den Ausbau grenzüberschreitender Verbindungen voranzubringen.

Wie geht es weiter? Beide Seiten wollen mehr tun zur Verringerung globaler Ungleichheiten und am 23. Juni in Paris zu einem Gipfel zu einem «Neuen Finanzpakt» mit dem globalen Süden zusammenkommen. Deutschland und Frankreich wollen sich künftig «häufiger in kleineren Formaten» zu speziellen Themen austauschen. Einmal jährlich soll es eine gemeinsame Kabinettsklausur geben, die nächste im kommenden Herbst in Deutschland.

SRF 4 News, 22.02.2023, 10:00 Uhr ; 

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