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Kroatien: Bundesrat aktiviert Schutzklausel
Aus 4x4 Podcast vom 17.11.2022. Bild: Reuters
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Schutzklausel aktiviert Weshalb immer mehr Kroatinnen und Kroaten ihr Land verlassen

Mit einer Schutzklausel versucht der Bundesrat der steigenden Anzahl an Migranten aus Kroatien entgegenzuwirken. Die Gründe für die starke Zunahme im Überblick.

Was ist passiert? Immer mehr Menschen aus Kroatien wandern in die Schweiz ein, um zu arbeiten. Deshalb aktiviert der Bundesrat eine Schutzklausel, um den Zugang zum Arbeitsmarkt für Kroatinnen und Kroaten im Jahr 2023 zu beschränken.

Zwischen Januar und Oktober 2022 hat die Schweiz rund 2400 B-Bewilligungen für kroatische Arbeitskräfte erteilt. Dies ist ein Vielfaches mehr als in den letzten Jahren und überschreitet die festgelegten Schwellenwerte im Freizügigkeitsabkommen.

Was ist eine Schutzklausel?

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Seit diesem Jahr gilt zwischen der Schweiz und Kroatien die volle Personenfreizügigkeit. Die im Freizügigkeitsabkommen vorgesehene Schutzklausel erlaubt es der Schweiz bis Ende 2026, für eine begrenzte Zeit einseitig wieder Bewilligungskontingente einzuführen, wenn die Zuwanderung aus Kroatien einen bestimmten Schwellenwert überschreitet.

Dieser Schwellenwert ist erreicht, wenn die Zahl der erteilten Bewilligungen im laufenden Jahr mehr als zehn Prozent über dem Durchschnitt der drei vorangegangenen Jahre liegt.

Was bedeutet es für kroatische Arbeitnehmende, wenn sie nicht mehr in die Schweiz kommen können? Kroatinnen und Kroaten werden sich jetzt noch mehr als bisher auf EU-Staaten konzentrieren. Zurzeit geht die Hälfte aller Emigranten aus Kroatien nach Deutschland und viele nach Österreich und Irland.

Warum wählen so viele Kroatinnen und Kroaten die Schweiz als Einwanderungsland? Die Schweiz ist neben Österreich und Deutschland besonders beliebt unter den Kroatinnen und Kroaten, sagt die Journalistin Adelheid Wölfl aus Belgrad. Ein Grund ist die geografische Nähe. So können sie am Wochenende oder in den Ferien nach Hause fahren. Ein weiterer Grund sind die viel besseren Löhne der Schweiz und die Arbeitsbedingungen.

Adelheid Wölfl

Adelheid Wölfl

Südosteuropa-Korrespondentin, «Der Standard»

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Adelheid Wölfl lebt in Belgrad und ist Südosteuropa-Korrespondentin der österreichischen Tageszeitung «Der Standard».

Wie viele Menschen aus Kroatien leben in der Schweiz? Insgesamt leben in der Schweiz rund 30'000 kroatische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Es gibt aber viel mehr Leute, die ursprünglich aus Kroatien kommen und in der Schweiz leben, so Wölfl. Insgesamt schätze man, dass 80'000 Menschen aus Kroatien stammen. Die meisten Leute, die ihr Land verlassen, sind zwischen 20 und 45 Jahren alt.

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Schweiz lässt Sonderregelung für Kroatien auslaufen
Aus Tagesschau vom 22.10.2021.
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Warum verlassen so viele Kroatinnen und Kroaten ihr Heimatland? In Kroatien sind die Preise sehr hoch – vor allem durch die Inflation, den Krieg in der Ukraine und aufgrund der Energiekrise. Für die Menschen wird es immer schwieriger, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.

Die Bedingungen sind auch für gut ausgebildete Leute schwierig. In Kroatien würden Beziehungen oft eine grössere Rolle spielen als die fachliche Eignung, sagt Wölfl. Die Korruption und die schlechten Arbeitsbedingungen führten dazu, dass viele keine Zukunftsperspektive in ihrem Heimatland mehr sehen.

Welche Folgen hat es für Kroatien, wenn so viele Leute auswandern? Die Auswanderung hat in Kroatien seit dem EU-Beitritt und damit auch durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit extrem zugenommen. So leben in Kroatien 400'000 Menschen weniger als noch vor zehn Jahren. Diese Entwicklung wirkt sich stark auf die Wirtschaft aus. Jede vierte Pflegekraft habe bereits das Gesundheitssystem Kroatiens verlassen, so Wölfl.

Auch das Schulsystem leidet stark unter der Auswanderung. Viele Schulen müssen schliessen, weil es zu wenig Kinder hat. Für die Infrastruktur und für die langfristige Entwicklung sei dies sehr schlecht, zumal vor allem die besser Ausgebildeten gehen, sagt Wölfl.

Was macht die Regierung Kroatiens, um der starken Auswanderung entgegenzuwirken? Die kroatische Regierung versucht, mit finanziellen Anreizen der stetigen Auswanderung entgegenzuwirken – so etwa mit Steuererleichterungen. Zudem wurde der Mindestgehalt auf 620 Euro angehoben.

Für Rückkehrwillige gibt es eine Finanzhilfe, mit der sie sich in Kroatien selbstständig machen können. Diese wird aber von den wenigsten angenommen. Die Versuche der kroatischen Regierung sind bislang nicht besonders erfolgreich.

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Archiv: Kroatien will Auswanderung mit finanziellen Anreizen bekämpfen
Aus 10 vor 10 vom 07.04.2022.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 25 Sekunden.

SRF 4 News, 16.11.2022, 15:00 Uhr;

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