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Schweiz drohen Steuerausfälle So will die OECD Grosskonzerne besteuern

Die OECD will neue Regeln für die Konzernsteuern. Das hätte massive Folgen für die Steuereinnahmen in der Schweiz.

Auch wenn viele Details noch unklar sind, ist eines sicher: Die von der OECD geplante, neue internationale Konzernbesteuerung stellt die bisherige, rund hundert Jahre alte Steuerpraxis auf den Kopf. Bislang war es so, dass grosse internationale Konzerne dort besteuert werden, wo sie ihren Hauptsitz haben.

Steuern dort zahlen, wo Umsatz gemacht wird

Künftig sollen alle Länder, in denen grosse Konzerne ihre Güter oder Dienstleistungen verkaufen, einen Teil des dort erzielten Gewinns abschöpfen können. Darüber können sich vor allem grosse Länder mit vielen Konsumentinnen und Konsumenten freuen – etwa Indien, China oder Brasilien, aber auch Hochsteuerländer wie Frankreich.

Anders als ursprünglich angenommen, soll die neue Besteuerung nicht nur für Digitalkonzerne gelten. Unter das neue Regime sollen auch Firmen fallen, die überdurchschnittlich viel Gewinn im Ausland erzielen, ohne dort einen Firmensitz zu haben. Darunter könnten auch Schweizer Konzerne fallen: Etwa Pharmamultis wie Novartis oder Roche, die in der Schweiz nur wenige Prozent des globalen Umsatzes erzielen, hierzulande aber bis zu 40 Prozent ihrer Gewinnsteuern bezahlen.

Das ist die erste Säule der neuen OECD-Steuerpläne: Besteuerung nicht mehr nur dort, wo der Hauptsitz ist, sondern auch dort, wo der Umsatz erzielt wird.

Symbolbild: Dunkle Wolken über dem beleuchteten Bundeshaus in Bern.
Legende: Der Schweiz drohen mit den geplanten neuen OECD-Regeln massive Steuerausfälle. Keystone

Internationaler Mindeststeuersatz angestrebt

Die zweite Säule der OECD-Pläne sieht vor, dass für Konzerne ein globaler Mindeststeuersatz gelten soll. Länder wie die USA oder Österreich haben solche Mindeststeuersätze bereits im Alleingang eingeführt. Wenn ein Konzern weniger Steuern bezahlt, kann sein Sitzland die Differenz zum Mindeststeuersatz aufrechnen. Die Höhe des Mindeststeuersatzes ist – wie viele andere Details der OECD-Steuerpläne – noch offen.

Was sich aber schon abzeichnet ist, dass vor allem grosse Länder von dem neuen Regime profitieren werden. Sie waren es auch, die das Projekt massgeblich vorangetrieben haben. Verlierer werden eher kleine Länder wie etwa die Schweiz und Irland sein, die bislang mit niedrigen Gewinnsteuern überdurchschnittlich viele internationale Konzerne angelockt haben und von deren Gewinnsteuer profitieren.

Steuerausfälle in Milliardenhöhe

Die kleinen Länder werden deshalb unter Druck kommen, denn ihnen drohen grosse Steuerausfälle. Wie hoch diese sind, ist in diesem frühen Stadium noch schwer zu beziffern, doch der Bund rechnet mit Steuer-Mindereinnahmen in Höhe von mehreren Milliarden Franken für die Schweiz.

Die neue Besteuerung soll bis Ende nächsten Jahres stehen. Ende dieser Woche werden die G20-Finanzminister bei ihrem Treffen in Washington zum ersten Mal über die Vorlage beraten, die die OECD im Auftrag der G20 ausgearbeitet hat. In Washington dürften auch erste Länderkoalitionen von Unterstützern und Gegnern geschmiedet werden.

Die Schweiz wird sich starke Verbündete suchen müssen, wenn sie ihre Steuerpfründe retten will.

Sparprogramme und Steuererhöhungen?

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Mit welchen Steuerausfällen die Schweiz rechnen muss, ist noch unsicher. Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (Sif) schreibt dazu, es seien nach wie vor viele Details offen und würden kontrovers diskutiert. Fest stehe, dass innovative, exportorientierte Länder mit kleinem Binnenmarkt mit einer Minderung ihrer Gewinnsteuereinnahmen rechnen müssten.

Im Juni hatte Finanzminister Ueli Maurer die Pläne der OECD im Nationalrat angesprochen. «Das könnte unser Steuersystem auf den Kopf stellen», sagte er. Je nach Ausgestaltung drohten Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Dies könnte zu Sparprogrammen oder Steuererhöhungen für natürliche Personen führen, so Maurer. (sda)

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