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Wahlen in Zentralafrika: Test für den Frieden
Aus Rendez-vous vom 23.12.2020. Bild: Getty
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Schwelender Konflikt Unruhen vor den Wahlen in der Zentralafrikanischen Republik

Vor den Wahlen sind in verschiedenen Städten Kämpfe ausgebrochen. Die Regierung spricht von einem Putschversuch.

Ein Test für den Frieden: So wurden die Wahlen vom Sonntag von Beobachtern im Vorfeld bezeichnet, auch wenn in der Zentralafrikanischen Republik seit Jahren kein richtiger Frieden herrscht. Das Land schlitterte zuletzt 2013 in einen Bürgerkrieg. Mehrheitlich muslimische Séléka-Rebellen standen den mehrheitlich christlichen Anti-Balaka-Kämpfern gegenüber. Tausende Menschen starben im Konflikt.

Anfang 2019 unterzeichnete die Regierung mit 14 Rebellengruppen ein Friedensabkommen. Doch für die Zivilbevölkerung hat sich die Situation seither kaum verbessert. Die UNO spricht von rund 1.3 Millionen Flüchtlingen. Das ist jeder fünfte Einwohner. Gut die Hälfte der Zentralafrikaner benötigt humanitäre Hilfe. Die Mehrheit des Staatsgebietes ist nach wie vor unter der Kontrolle von Rebellen.

Russland will aus geopolitischen Gründen auch in Afrika präsent sein und profitiert gleichzeitig vom Ressourcenreichtum in der Zentralafrikanischen Republik.
Autor: Hans De Marie Heungoup International Crisis Group

Mit den aktuellen Ereignissen stellt sich die Frage, ob es das Friedensabkommen von 2019 überhaupt noch gibt. Denn sechs der Rebellengruppen, die damals das Abkommen unterzeichnet hatten, haben sich nun zusammengeschlossen und verschiedene Städte besetzt. Der Kopf hinter der Rebellenkoalition soll ex-Präsident François Bozizé sein. Er wurde 2013 gestürzt, was als Auslöser des Bürgerkriegs gilt.

Gestürzter Präsident will zurück an die Macht

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Legende: Keystone/Archiv

Bozizé will zurück an die Macht, darf an den Wahlen vom Sonntag aber nicht teilnehmen. Das hat Anfang Dezember das höchste Gericht in der Zentralafrikanischen Republik entschieden. Der Grund: Ihm wird vorgeworfen, Milizen unterstützt zu haben. Der UNO-Sicherheitsrat hat 2014 Sanktionen gegen ihn verhängt, fror sein Vermögen im Ausland ein und verbot ihm das Reisen.

Dass Bozizé versucht, durch Gewalt zurück an die Macht zu kommen, fänden nicht alle schlecht, erläutert Hans De Marie Heungoup, Experte für die Zentralafrikanische Republik bei der International Crisis Group: «Innerhalb seiner ethnischen Gruppe ist er nach wie vor beliebt. Und in der Zentralafrikanischen Republik wird vor allem entlang ethnischer Linien gewählt.»

Russlands Interessen

Wie viel Ex-Präsident Bozizé gemeinsam mit den Rebellengruppen durch den Gewaltstreich erreichen kann, ist derzeit nicht absehbar. Der amtierende Präsident Faustin-Archange Touadéra kann auf internationale Unterstützung zählen. Die UNO hat militärische Hilfe geschickt, ebenso Ruanda und natürlich Russland. Denn Touadéra ist ein Verbündeter Russlands, das grosses Interesse am Land im Zentrum Afrikas hat.

Der amtierende Präsident Faustin-Archange Touadéra bei einer Rede am 12. Dezember in Bangui.
Legende: Der amtierende Präsident Faustin-Archange Touadéra bei einer Rede am 12. Dezember in Bangui. Keystone

Russland ist seit drei Jahren aktiv in der Zentralafrikanischen Republik. «Die Motive dafür sind vielfältig», sagt Heungoup. «Russland will aus geopolitischen Gründen auch in Afrika präsent sein und profitiert gleichzeitig vom Ressourcenreichtum in der Zentralafrikanischen Republik.» Und nicht nur der russische Staat – vor allem auch Personen rund um die berüchtigte paramilitärischen Wagner-Gruppe, die in dem Land tätig ist.

Die Wagner-Gruppe ist offiziell eine private Sicherheitsfirma, hat aber enge Verbindungen zum russischen Staat und handelt in dessen Auftrag. Und Bodenschätze besitzt die bitterarme Zentralafrikanische Republik eigentlich genug: Diamanten, Uran, Gold, Holz.

Die Interessen Russlands sind nicht darauf limitiert. So hat letzte Woche auch Facebook bekannt gegeben, mehrere 100 Fake-Benutzeraccounts geschlossen zu haben, die aus Russland und Frankreich betrieben worden waren. Laut Facebook zeigen die Accounts Verbindungen zum französischen Militär und zu einer russischen Trollfabrik.

Doch ob die russische und anderweitig internationale Unterstützung der amtierenden Regierung reicht, um die aktuellen Unruhen im Land zu beruhigen, ist derzeit unklar. Die Lage in der Zentralafrikanischen Republik ist volatil. Und ob unter diesen Umständen am Sonntag überhaupt Wahlen durchgeführt werden können, steht derzeit in den Sternen.

Rendez-vous vom 23.12.2020, 12:30 Uhr

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