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Schwere Krise in Nordostafrika Im Sudan nimmt die humanitäre Not nimmt weiter zu

  • Im Sudan setzen sich die schweren Gefechte zwischen den rivalisierenden Lagern der Armee und des Paramilitärs fort.
  • Seit Ausbruch der Unruhen am Samstag sind bereits 270 Menschen ums Leben gekommen und 2600 verletzt worden. Das berichtete der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
  • Am Dienstag zeigten sich die Führer beider Lager zwar offen für eine kurze Waffenpause von 24 Stunden ab dem Abend. Völlig unklar ist jedoch, wie verlässlich diese Bekenntnisse sind.
  • Die G7-Staaten verlangen von den Konfliktparteien ein sofortiges und bedingungsloses Ende der Kämpfe.

Im seit drei Tagen wütenden Machtkampf zwischen der sudanesischen Armee unter Kommando des sudanesischen Generals Abdel Fattah al-Burhan und den rivalisierenden paramilitärischen Einheiten seines Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo haben sich die Fronten weiter verhärtet. Die Zahl der Opfer unter den rund 46 Millionen Einwohnern dürfte weiter steigen.

Aufruf zum Schutz der Zivilbevölkerung

Die G7-Staaten haben von den Konfliktparteien ein sofortiges und bedingungsloses Ende der Kämpfe verlangt. Man rufe alle Akteure auf, auf Gewalt zu verzichten, zu Verhandlungen zurückzukehren und aktive Schritte zu unternehmen, um Spannungen abzubauen, heisst es im Abschlusspapier zu den Beratungen der G7-Aussenministerinnen und Aussenminister.

Es sei wichtig, die Zivilbevölkerung, das diplomatische und das humanitäre Personal zu schützen. Zu den G7 gehören etwa Deutschland, Frankreich und die USA.

US-Aussenminister hat mit Anführern telefoniert

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Antony Blinken hat mit den Anführern der Konfliktparteien in Sudan telefoniert. Der US-Aussenminister habe getrennte Gespräche mit dem General der sudanesischen Streitkräfte und dem General der paramilitärischen Organisation RSF geführt, teilte das US-Aussendepartement mit. Blinken sei besorgt und habe auf eine rasche Waffenruhe gedrängt.

Das sudanesische Ärztekomitee forderte die Konfliktparteien am Montag auf, ihre «ständigen Angriffe» auf Spitäler, Krankenwagen und medizinisches Personal einzustellen. Allein in der sudanesischen Hauptstadt Khartum sind nach Angaben der WHO vom Dienstag drei Gesundheitseinrichtungen beschossen worden.

Grosse Zerstörung in der Hauptstadt

In der Hauptstadt Khartum gab es Perthes zufolge weiter heftige Gefechte um die geschlossenen Brücken, den internationalen Flughafen und die Hauptquartiere des Militärs und der RSF. Nach Angaben von Amnesty International richtete der Einsatz schwerer Waffen, darunter Artillerie, Panzer und Flugzeugen, in dicht besiedelten Gebieten in Khartum grosse Zerstörung an. Zivilisten sind gemäss Amnesty mitten im Gefechtsgebiet gefangen.

Auch in anderen Teilen des Landes am Horn von Afrika gingen die Kämpfe weiter – etwa in der Stadt Merowe, die über einen wichtigen Flughafen verfügt, sowie in der Stadt Nyala in Darfur.

EU-Botschafter im Sudan angegriffen

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Nach Angaben des EU-Aussenbeauftragen Josep Borrell wurde der EU-Botschafter im Sudan in seiner Residenz angegriffen. Die Tat stelle einen schwerwiegenden Verstoss gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen dar, schreibt Borrell auf Twitter.

Die Sicherheit diplomatischer Einrichtungen und des Personals liege primär in der Verantwortung der sudanesischen Behörden und sei eine völkerrechtliche Verpflichtung. Angaben zur Art des Angriffs und zu dem Täter oder den Tätern macht Borrell nicht. Er liess auch unklar, ob der Botschafter verletzt wurde oder mit dem Schrecken davonkam. Aus Diplomatenkreisen hiess in Brüssel, der Botschafter sei wohlauf und nicht verletzt worden.

Land mit Öl und Gold versinkt im Chaos

Wer in dem Machtkampf der rivalisierenden Lager die Oberhand hat, bleibt angesichts der unübersichtlichen Lage und der widersprüchlichen Angaben beider Konfliktparteien unklar. Der Machtkampf im Sudan lässt das flächenmässig drittgrösste Land Afrikas mit seinen rund 46 Millionen Einwohnern und reichen Öl- und Gold-Vorkommen zunehmend im Chaos versinken.

Rauch steigt über der sudanesischen Hauptstadt Khartum auf.
Legende: Rauch steigt über der sudanesischen Hauptstadt Khartum auf (Bild vom 17.04.2023). Reuters/Stringer

Am Dienstag zeigten sich die Führer beider Lager zwar offen für eine kurze Waffenpause von 24 Stunden ab dem Abend. Völlig unklar ist jedoch, wie verlässlich diese Bekenntnisse sind. Verabredungen über jeweils dreistündige Feuerpausen am Sonntag- und Montagnachmittag hatten beide Seiten gebrochen.

4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der UNO im Sudan

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Ob es Pläne für die insgesamt 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vereinten Nation im Sudan gibt, darunter 800 Ausländer, wollte eine UN-Sprecherin in Genf am Dienstag nicht kommentieren. Die Absicht sei auf jeden Fall, vor Ort zu bleiben, und das humanitäre Mandat der UNO zu erfüllen. Voraussetzung für diese Evakuierungsaktionen wäre ohnehin eine Waffenpause. Vor allem der Flughafen in Khartum stand in den vergangenen Tagen im Zentrum der Kampfhandlungen. Die UNO habe nach eigenen Angaben derzeit weder Wege in den noch aus dem Sudan.

SRF 4 News, 18.04.2023, 05:00 Uhr ; 

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