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Alexej Nawalny im Spital
Aus Echo der Zeit vom 19.04.2021. Bild: Keystone
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Schwerkranker Kreml-Kritiker Auch hinter Gittern: Nawalny ist ein Problem für Putin

Seit Januar ist Alexej Nawalny in einem russischen Straflager, vor gut drei Wochen trat er in den Hungerstreik. Er will damit erreichen, dass ihm eine angemessene medizinische Versorgung gewährt wird. Nawalny wurde nun in ein Gefängnisspital eingeliefert, weil sich sein Zustand dramatisch verschlechtert haben soll. SRF-Korrespondent David Nauer erklärt, wie die Entwicklungen in Russland wahrgenommen werden – und ob sie den Kreml in Verlegenheit bringen.

SRF News: Was weiss man über den Gesundheitszustand von Nawalny?

David Nauer: Es geht ihm sehr schlecht, zumindest sagen das seine Anhängerinnen und Anhänger. Seit er im Gefängnis ist, hat er mindestens 17 Kilogramm abgenommen. So richtig Alarm geschlagen haben Nawalnys Ärzte wegen seines Blutbildes. Dieses sei so schlecht, dass ein Herzstillstand droht – und das möglicherweise innerhalb von wenigen Tagen. Mit anderen Worten: Nawalnys Leben sei in höchster Gefahr.

Nawalny ist nicht kleinzukriegen.

Nawalny wurde nun in ein Spital eingeliefert. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

Das ist sehr schwer zu sagen. Wir wissen nichts Genaues aus wirklich objektiver Quelle über seinen Gesundheitszustand. Auf den ersten Blick ist es ein gutes Zeichen, dass der Staat auf den öffentlichen Druck in Russland reagiert.

Nawalny bei seinem Prozess.
Legende: Nawalnys Ärzte haben in den letzten Tagen gewarnt, sein Zustand habe sich stark verschlechtert. Daraufhin reagierten die USA: Falls Nawalny sterben sollte, würde das Konsequenzen haben. Keystone

Unabhängige Journalisten und auch Nawalnys Anhängerinnen sagen aber, dass das keine Entwarnung bedeute. Denn er sei in ein Gefängnisspital eingeliefert worden, das einen extrem schlechten Ruf habe. Die medizinische Versorgung dort sei völlig ungenügend. Mein Eindruck ist, dass sich Nawalnys Freunde und Mitstreiter jetzt noch grössere Sorgen um seinen Gesundheitszustand machen als vorher.

Nawalnys Gefährten planen Befreiungsschlag

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Die Informationen über Nawalnys Gesundheitszustand kommen von Personen aus seinem Umfeld. Für den SRF-Korrespondenen in Moskau ist nicht auszuschliessen, dass hier auch Propaganda mitschwingt. «Diese Leute haben ganz klar politische Interessen und möglicherweise auch ein Interesse daran, den Fall zu dramatisieren.»

In Russland läuft eine regelrechte Repressionswelle gegen die Anhängerinnen und Anhängerinnen des Kreml-Kritikers, inklusive Hausdurchsuchungen und Strafverfahren. «Sie stehen unter extremem Druck und haben Angst, dass sie ihren Anführer verlieren», so Nauer.

Für Mittwoch planen sie nun eine Demonstration, die laut dem Nauer zu einer Art Befreiungsschlag werden soll: Im ganzen Land sollen russische Bürgerinnen und Bürger auf die Strasse gehen und Gerechtigkeit für Nawalny fordern. «Dieser Plan des Nawalny-Teams ist aber mit erheblichen Risiken verbunden.»

Am Sonntag haben die USA Russland mit Konsequenzen gedroht, falls Nawalny sterben sollte. Ist der Fall Nawalny für Putin doch langsam ein Problem?

Ich denke schon. Für Putin ist der Fall aber weniger wegen der USA ein Problem als wegen des Druckes im Inland. Nawalnys Leute machen sehr viel Druck. Er ist zwar in Haft und schwer krank. Aber er ist noch der Gegner von Putin – der Mann, der in den Nachrichten kritischer russischer Medien, auch auf sozialen Medien, präsent ist. Nawalny ist nicht kleinzukriegen.

Das ‹System Putin› scheint mir im Moment stabil zu sein. Grosse Umwälzungen würde Nawalnys Tod wohl nicht zur Folge haben.

Putin und der Kreml wollen nun offenbar zum finalen Schlag ausholen. So soll Nawalnys Organisation als extremistische Vereinigung verboten werden. Entsprechende Bemühungen der Justiz laufen bereits. Sollte das wirklich geschehen, ist jegliche politische Arbeit von Nawalny und seinen Leuten zu Ende. Sie können dann nur noch aufhören, in den Untergrund gehen oder auswandern. Ansonsten drohen ihnen sehr lange Haftstrafen.

EDA verlangt Freilassung von Nawalny

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Das EDA äussert sich besorgt über Meldungen zum sich verschlechternden Gesundheitszustand von Alexej Nawalny. Es fordert die sofortige Freilassung des russischen Oppositionellen. Über Sanktionen im Zusammenhang mit Nawalny hat der Bundesrat noch nicht entschieden.

Die russischen Behörden müssten Sicherheit und Wohlergehen für Nawalny sicherstellen, schreibt das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in einer Stellungnahme vom Montag. Es sei problematisch, dass Nawalny im Zusammenhang mit einem Strafverfahren verurteilt worden sei, das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2017 als «willkürlich und offenkundig unangemessen» bezeichnet habe.

Russland verletze mit der Verurteilung internationale Konventionen, zu deren Einhaltung es sich verpflichtet habe, schrieb das EDA weiter. Staaten unterstünden gegenüber Personen in ihrem Gewahrsam besonderen Verpflichtungen.

Zwischen dem EDA und verschiedenen russischen Gesprächspartnern bestünden Kontakte betreffend Nawalny, hiess es in der Stellungnahme weiter. Diese erfolgten aber nicht auf dem Niveau Bundesrat.

Was hätte es für Folgen in Russland, wenn Nawalny sterben sollte?

Das kann im Moment niemand vorhersagen. Es wäre ein sehr grosser Schock und viele Menschen in Russland würden den Kreml und Putin persönlich dafür verantwortlich machen. Wir dürfen nicht vergessen, dass staatliche Strukturen bereits im letzten Sommer einen Mordanschlag auf Nawalny verübt haben. Aber mein Eindruck ist auch, dass das politische System, die Eliten und auch der Repressionsapparat stehen. Ich sehe hier kein Riss. Das «System Putin» scheint mir im Moment stabil zu sein. Grosse Umwälzungen würde Nawalnys Tod wohl nicht zur Folge haben.

Das Gespräch führte Danièle Hubacher.

Video
Aus dem Archiv: Nawalnys Ärzte warnen vor Herzstillstand
Aus Tagesschau vom 18.04.2021.
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Info3 vom 19.04.2021, 17 Uhr;

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