Bei der Flutkatastrophe in Valencia Ende Oktober starben mindestens 222 Menschen. Jetzt ist die Journalistin Franziska Grillmeier in die Region gereist und schildert, wie sich die Situation sechs Wochen nach der Katastrophe präsentiert – und was in den betroffenen Menschen vorgeht.
SRF News: Wie ist derzeit die Situation in der betroffenen Region um Valencia?
Franziska Grillmeier: Viele Menschen sind noch immer mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Langsam erst realisiert man, was da vor sechs Wochen überhaupt passiert ist. Während sich das Leben der Leute in der Altstadt von Valencia einigermassen normal präsentiert, sehen die betroffenen Vororte wie Cataroja oder Paiporta noch immer aus wie der Ground Zero.
Die Luft ist schlecht, Helfer tragen Atemmasken und Sicherheitsanzüge.
Man befindet sich dort in einer anderen Welt: Die Luft ist schlecht, Helfer tragen Atemmasken und Sicherheitsanzüge. Immer noch versucht man, den mitunter giftigen Schlamm aus Häusern und Garagen zu entfernen. Oft gibt es Probleme mit der Stromversorgung. Kurz: In den betroffenen Ortschaften herrscht vielerorts immer noch Ausnahmezustand.
Was bedeutet das für ältere Menschen oder solche, die beispielsweise auf einen Lift angewiesen sind?
In der Tat gibt es Menschen, die in den vergangenen sechs Wochen ihre Wohnung noch nie verlassen konnten – etwa weil ihr Lift nicht funktioniert. Für Ältere oder Alleinstehende ist es entsprechend schwierig, sich zu versorgen.
Mehr als die Hälfte der Menschen, die in den Fluten umgekommen sind, waren älter als 70 Jahre.
Viele beklagen, sie hätten tagelang keine Behördenvertreter gesehen. Geschafft hätten sie es nur dank der Hilfe von Nachbarn. Mehr als die Hälfte der Menschen, die in den Fluten umgekommen sind, waren älter als 70 Jahre. Sie konnten sich im Hochwasser nicht in höhere Stockwerke retten. Auch in Altersheimen kam es zu Tragödien, weil es die Pfleger nicht schafften, alle zu retten. Das ist in den betroffenen Familien ein grosses Trauma.
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Bild 1 von 24. Normalität ist in diesem Ausnahmezustand, hier in Paiporta nahe Valencia, kaum möglich. Eine Frau schiebt einen Einkaufswagen mit Lebensmitteln durch eine schlammige Strasse. (3.11.2024). Bildquelle: Keystone/Hugo Torres.
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Bild 2 von 24. Eine von den Überschwemmungen betroffene Strasse in Paiporta in der Nähe von Valencia, dem Zentrum des Sturms. (2.11.2024). Bildquelle: Keystone / Manu Fernandez.
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Bild 3 von 24. Die ersten Freiwilligen verliessen am Samstagmorgen in bereitgestellten Bussen die Stadt und kehren am Nachmittag zurück. Dann werden weitere Gruppen in die Überschwemmungsgebiete gebracht, wie Europapress berichtete. (2.11.2024). Bildquelle: Keystone / AP, ANGEL GARCIA.
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Bild 4 von 24. Mitglieder von Such- und Rettungsteams suchen auch am Samstag weiter nach Vermissten. (2.11.2024). Bildquelle: Reuters / Bruna Casas.
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Bild 5 von 24. Noch immer werden viele Menschen vermisst, sagte Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska am Freitagabend. Viele Menschen werden in Autos vermutet. (1.11.2024). Bildquelle: Reuters / Susana Vera.
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Bild 6 von 24. Die Flut in Paiporta, einem Vorort von Valencia, hat eine Flusspromenade verwüstet. (1.11.2024). Bildquelle: REUTERS / Nacho Doce .
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Bild 7 von 24. Am Freitag haben sich tausende Freiwillige auf den Weg in die östlichen Stadtteile Valencias gemacht, um im Katastrophengebiet zu helfen. Viele brachten Schaufeln, Wischer und Wasserkanister. (1.11.2024). Bildquelle: Keystone / EPA, ANA ESCOBAR.
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Bild 8 von 24. Aufräumarbeiten in Valencia. (1.11.2024). Bildquelle: REUTERS / Susana Vera.
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Bild 9 von 24. Die Wassermassen machten auch keinen Halt vor diesem Supermarkt in Valencia. (31.10.2024). Bildquelle: Keystone / AP Photo, Manu Fernandez.
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Bild 10 von 24. Die Suche nach Vermissten läuft noch. (31.10.2024). Bildquelle: Kaystone / AP Photo, Alberto Saiz.
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Bild 11 von 24. Der Alltag in den betroffenen Gebieten ist vielerorts zum Erliegen gekommen. (31.10.2024). Bildquelle: Keystone / EPA, Manuel Bruque.
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Bild 12 von 24. An gewissen Ortschaften sind die Aufräumarbeiten bereits angelaufen, wie hier in der Stadt Utiel in der Provinz Valencia. (30.10.2024) . Bildquelle: Keystone / Manu Fernandez.
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Bild 13 von 24. Die Fluten haben in der Stadt grosse Schäden hinterlassen. (30.10.2024). Bildquelle: Keystone / Manu Fernandez.
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Bild 14 von 24. Dutzende Häuser müssen vom Schlamm befreit werden.(30.10.2024). Bildquelle: Keystone / Manu Fernandez.
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Bild 15 von 24. In Valencia müssen Autos von der Strasse entfernt werden. (30.10.2024). Bildquelle: Keystone / AP Photo, Alberto Saiz.
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Bild 16 von 24. Dort liegen überall Trümmer. (30.10.2024). Bildquelle: Keystone / MANUEL BRUQUE.
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Bild 17 von 24. In Valencia selbst war der Fluss Turia über die Ufer getreten. (30.10.2024). Bildquelle: IMAGO / Rober Solsona.
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Bild 18 von 24. Am Tag nach dem Unwetter ist die Lage in den Strassen Valencias chaotisch. (30.10.2024). Bildquelle: Keystone /AP Photo, Alberto Saiz.
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Bild 19 von 24. Die Bewohner Valencias standen zum Teil knietief im Wasser. (30.10.2024) . Bildquelle: Keystone / Alberto Saiz.
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Bild 20 von 24. Rettungskräfte mussten Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt aus ihren Häusern befreien. (30.10.2024). Bildquelle: Keystone / Alberto Saiz.
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Bild 21 von 24. Auch das Dorf Letur Albacete wurde schwer getroffen. Die Einsatzkräfte suchten am Mittwoch noch nach Vermissten. (30.10.2024) . Bildquelle: IMAGO images / Víctor Fernández.
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Bild 22 von 24. Am Vortag wurden im Dorf die Menschen noch aus ihren Häusern evakuiert. (29.10.2024). Bildquelle: Keystone / Víctor Fernández.
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Bild 23 von 24. Auch in der Stadt Alora in Málaga wurden Autos von den Schlamm- und Wassermassen weggeschwemmt, nachdem ein Fluss sein Bett verliess. (29.10.2024). Bildquelle: Keystone / Gregorio Marrero .
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Bild 24 von 24. Zu diesem Zeitpunkt stieg der Pegel des Flusses in Alora noch immer an. (29.10.2024). Bildquelle: Keystone / Gregorio Marrero.
Es gab Vorwürfe, die Behörden hätten zu spät gewarnt, es gab deswegen auch Proteste. Ist davon noch etwas spürbar?
Die Warnung der Behörden kam in der Tat erst, als das Wasser schon da war – nach einer Unwetterwarnung zwölf Stunden davor. Da stellen sich noch viele Fragen, da ist noch viel Wut vorhanden. Erst letzten Samstag kam es wieder zu Protesten, bei denen der Rücktritt der verantwortlichen Politiker gefordert wurde. Denn noch immer beklagen sich manche Leute, sie hätten auch jetzt noch nichts von den Behörden vernommen und keine staatliche Hilfe erhalten.
Sind schon Massnahmen umgesetzt worden, um künftig ähnliche Katastrophen zu verhindern?
Derzeit ist man immer noch im Stadium der Aufräumarbeiten, auch unter Mithilfe von Feuerwehr und Militär. Es stellen sich auch Fragen, wie etwa, was mit den 120'000 Autos geschehen soll, die zerstört wurden. Was die längerfristige Prävention angeht, ist also noch nichts passiert. Die Leute warten auf die versprochenen Gelder der Regierung und der Versicherungen.
Viele Betroffene in den Flutgebieten erzählen von psychologischen Problemen.
Was erzählen die Überlebenden über ihre aktuelle, persönliche Situation?
Viele erzählen von psychischen Problemen, unter denen sie seit der Flutkatastrophe leiden. Eine ältere Frau etwa erzählte mir, sie könne kaum die Augen schliessen für ihr Nachmittags-Nickerchen. Denn sie höre den Verkehr der nahen Autobahn – und fürchte dann immer, das seien neue herannahende Fluten. Angst macht vielen Menschen auch, dass viele Helferinnen und Helfer die Region jetzt wieder verlassen – dass sie quasi wieder allein gelassen werden, ohne die dringend nötige psychologische Unterstützung.
Das Gespräch führte Can Külahcigil.