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Sorge vor Angriffen Nach Koranverbrennungen: Schweden verstärkt Grenzschutz

Schweden will angesichts der wegen Koranverbrennungen angespannten Sicherheitslage seine Grenzen besser kontrollieren.

Schweden will Massnahmen ergreifen, um weitere Koranverbrennungen zu verhindern – und zeigt sich besorgt über Angriffe durch islamistische Extremisten. Von dem grundsätzlichen Prinzip der Meinungsfreiheit will das nordische Land aber nicht abrücken, wie Ministerpräsident Ulf Kristersson vor den Medien erläuterte. «Wir stehen für Meinungsfreiheit in Schweden ein», sagte er.

Dennoch solle geprüft werden, wie die Polizei einschreiten könne, um Verbrennungen des Koran in der Öffentlichkeit zu beenden, sollte die nationale Sicherheit in Gefahr sein. Wie Justizminister Gunnar Strömmer bekannt gab, erhält die Polizei bereits von Dienstag an erweiterte Befugnisse, um Fahrzeug- und Personenkontrollen durchzuführen.

Angespannte Sicherheitslage

Eine ähnliche Ankündigung hatte jüngst auch die dänische Regierung gemacht. Eine direkte rechtliche Grundlage für Verbote gibt es derzeit nicht. Bislang entscheidet die Polizei darüber, ob sie Kundgebungen zulässt.

Zudem will Schweden angesichts der wegen Koranverbrennungen angespannten Sicherheitslage verstärkt seine Grenzen kontrollieren. Über die Kontrollen will die Regierung am Donnerstag entscheiden, wie Ministerpräsident Kristersson ankündigte.

Wütende Proteste in der islamischen Welt  

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Demonstranten stürmen die schwedische Botschaft in Bagdad
Legende: Demonstrierende stürmen die schwedische Botschaft in Bagdad (20. Juli 2023). Keystone/AP/Ali Jabar

Von kleinen Gruppen durchgeführte islamfeindliche Aktionen in Schweden und Dänemark, bei denen Koranausgaben verbrannt wurden, waren zuletzt in mehreren muslimischen Ländern Anlass für wütende Proteste und Drohungen. Besonders heftig waren die Reaktionen im Irak, dessen Regierung die schwedische Botschafterin auswies.

Zuvor waren Demonstrantinnen und Demonstranten in Bagdad in die schwedische Botschaft eingedrungen und hatten Feuer gelegt. Erst am Montag war es zu einer weiteren Koranverbrennung in Stockholm gekommen.

Die anhaltenden Koranverbrennungen würden zusätzlich Öl ins Feuer giessen, berichtet SRF-Nordeuropa-Korrespondent Bruno Kaufmann. «Sie verschärfen die Spannungen zwischen den säkularen nordischen Staaten, die die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit sehr hoch halten, und den islamischen Gesellschaften.»

Regierungen wollen Lage besänftigen

Die Regierungen in Kopenhagen und Stockholm würden nun versuchen, die Spannungen mit der islamischen Welt abzubauen. Dies sei aber ein schwieriges Unterfangen, schätzt Kaufmann. Die Sorgen vor einer Eskalation seien berechtigt.

Die Gruppe derjenigen, die in Schweden und Dänemark Korane verbrannte, ist sehr divers. Dazu gehören etwa ein christlicher Flüchtling aus dem Irak und Feministinnen, die gegen die Unterdrückung von Frauen in der islamischen Welt protestierten. Schliesslich versuchen auch rechtsextreme Kräfte und Trittbrettfahrer die weltweite Aufmerksamkeit zu nutzen.  

Angst vor Gewaltausbruch

Befürchtet wird, dass islamistische Extremisten die Koranverbrennungen als Anlass für Angriffe auf Schweden im In- und Ausland nehmen. Kristersson, der der Moderaten Sammlungspartei angehört, hatte zuvor von der schwierigsten sicherheitspolitischen Lage seit dem Zweiten Weltkrieg gesprochen.

Dazu trägt massgeblich auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine bei. Als Folge dessen will Schweden seine Neutralität aufgeben und dem westlichen Militärbündnis Nato beitreten. Die endgültige Zustimmung des Nato-Mitglieds Türkei steht aber noch aus.

Proteste in Bagdad
Legende: In islamischen Ländern haben die Koranverbrennungen scharfe Reaktionen ausgelöst – auf der Strasse wie auch auf diplomatischer Ebene. Keystone/AP/Adil Al-Khazali

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnete eine Koranverbrennung vom Juni in Schweden als Verbrechen. Entsprechend gross sind die Sorgen der schwedischen Regierung, dass extreme Kräfte den Nato-Beitritt nun mit weiteren Provokationen torpedieren könnten. «Dazu gehört auch Russland, das mit Fake News die Spannungen anzuheizen versucht», schliesst Kaufmann.

SRF 4 News, 31.07.2023, 17:15 Uhr ; 

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