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Spaniens Ex-Diktator Franco 50 Jahre nach seinem Tod lebt der Kult um den Diktator weiter

Noch immer gibt es Gruppierungen, die Diktator Franco offen verherrlichen. Der spanische Staat geht nur langsam dagegen vor.

Am 20. November jährt sich der Todestag des langjährigen spanischen Diktators Francisco Franco zum fünfzigsten Mal. Doch das halbe Jahrhundert, das seit seinem Tod vergangen ist, vermochte dem Land noch keine Ruhe zu geben: Der Caudillo («Führer») sorgt nach wie vor für Kontroversen.

In der wissenschaftlich anerkannten Geschichtsschreibung ist man sich einig: Franco war als General und autokratischer Herrscher verantwortlich für ein brutales Regime mit Zehntausenden von Opfern - zuerst im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), danach mit zahlreichen Hinrichtungen von politischen Gegnern. Noch im September 1975, also drei Monate vor Francos Tod, wurden in Spanien fünf Oppositionelle hingerichtet.

Jeder Fünfte in Spanien sieht die Franco-Zeit positiv

Und doch gibt es im Land noch immer Stimmen, die den Diktator und sein Wirken in ganz anderem Licht sehen. Laut der neusten Umfrage des spanischen Meinungsforschungs­instituts CIS beurteilen über 20 Prozent der Befragten die Franco-Zeit als «gut» bis «sehr gut».

Francos umstrittene Grabstätte

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Emilio Silva auf dem Madrider Friedhof Mingorrubio.
Legende: «Ein Hort des spanischen Faschismus.» Emilio Silva auf dem Madrider Friedhof Mingorrubio. SRF/Beat Vogt

Nach seinem Tod im November 1975 wurde Francisco Franco im Valle de los Caídos begraben. Dieses monumentale Ensemble mit dem grössten frei stehenden Kreuz der Welt (152 Meter hoch) hatte der Diktator zu Ehren seines Siegs im Bürgerkrieg errichten lassen.

Weil die Regierung verhindern wollte, dass das Valle de los Caídos weiter als Pilgerstätte für Rechtsextreme dient, wurden Francos Überreste 2019 exhumiert und umgebettet. Seither ist sein Grab auf dem Friedhof Mingorrubio in Madrid. Dort ruhen auch viele andere Grössen aus der Zeit seines Regimes.

Der Journalist und Aktivist Emilio Silva bezeichnet den Friedhof deshalb als «Hort des spanischen Faschismus». Dass Francos Grabstätte dort weiterhin mit faschistischen Symbolen geschmückt ist und rechten Diktaturnostalgikern als Pilgerort dient, sei schlicht «una vergüenza» – eine Schande.

Exemplarisch für die Verharmlosung der Diktatur steht die «Fundación Nacional Francisco Franco», eine Stiftung, die sich der Aufgabe verschrieben hat, das Erbe des Caudillos zu erhalten.

Regierung strebt Verbot der Stiftung an

Die spanische Regierung will die Fundación seit längerem verbieten. Denn es ist illegal, den Diktator öffentlich zu verherrlichen. Das ist so im Gesetz über die demokratische Erinnerung verankert, welches die linke Parlamentsmehrheit 2022 verabschiedete.

Doch mit dem Verbot der Stiftung geht es nur langsam voran. Erst vor knapp drei Wochen kündigte Kulturminister Ernest Urtasun an, er habe das Verfahren in die Wege geleitet. Definitiv darüber entscheiden wird ein Gericht.

Lügen über Lügen!
Autor: Juan Chicharro Präsident der Franco-Stiftung

Bis dahin bleibt die Stiftung aktiv. Ihr Sitz befindet sich in ältlichen Büroräumen in Madrid. Präsident ist Juan Chicharro, ein pensionierter Marine-General. Sein Geschichtsbild ist wie aus einer anderen Welt. Angesprochen auf die Zehntausenden Opfer, die Francos blutiges Regime forderte, sagt er: «Lügen über Lügen!» Das sei eine alte marxistische Taktik: «Lügen, bis es schliesslich wahr ist.»

Stiftungspräsident Juan Chicharro posiert vor Franco-Porträts in seinem Büro in Madrid.
Legende: Juan Chicharro, Präsident der Franco-Stiftung, in seinem Büro in Madrid. SRF/Beat Vogt

Und wie erklärt sich Juan Chicharro die grassierende Armut und wirtschaftliche Rückständigkeit im damals international isolierten Spanien? Er streitet sie rundweg ab. Den Armen sei es sogar besser gegangen als heute, sie hätten Arbeit, Gesundheitsversorgung und Bildung gehabt.

Doch was ist mit den Einschränkungen der Freiheit? Das Verbot von Parteien, die Rechtlosigkeit der Frauen? Es habe, sagt Chicharro und zögert kurz, eine Art autoritäres System gebraucht, «um Spanien den Übergang zur Demokratie zu ermöglichen».

Eine reichlich abstruse Argumentation, um 39 Jahre Diktatur zu rechtfertigen. Schliesslich hatte Franco in all diesen Jahren keinerlei demokratische Neigungen erkennen lassen.

Die Stiftung spielt das Leid der Opfer herunter.
Autor: Ernest Urtasun Spanischer Kulturminister

Für die Regierung jedenfalls ist klar: Was die Fundación Nacional Francisco Franco vertritt, geht weit über die Meinungsäusserungs­freiheit hinaus. Es sei eine Erniedrigung der Opfer des Regimes, sagte Kulturminister Ernest Urtasun, als er vor den Medien das angestrebte Verbot ankündigte: «Die Stiftung spielt das Leid der Opfer herunter, sie schreibt die Geschichte um und versucht die Verantwortung für die Untaten den Opfern selbst zuzuschreiben.»

Echo der Zeit, 14,11.2025, 18 Uhr;liea

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