Am 20. November jährt sich der Todestag des langjährigen spanischen Diktators Francisco Franco zum fünfzigsten Mal. Doch das halbe Jahrhundert, das seit seinem Tod vergangen ist, vermochte dem Land noch keine Ruhe zu geben: Der Caudillo («Führer») sorgt nach wie vor für Kontroversen.
In der wissenschaftlich anerkannten Geschichtsschreibung ist man sich einig: Franco war als General und autokratischer Herrscher verantwortlich für ein brutales Regime mit Zehntausenden von Opfern - zuerst im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), danach mit zahlreichen Hinrichtungen von politischen Gegnern. Noch im September 1975, also drei Monate vor Francos Tod, wurden in Spanien fünf Oppositionelle hingerichtet.
Jeder Fünfte in Spanien sieht die Franco-Zeit positiv
Und doch gibt es im Land noch immer Stimmen, die den Diktator und sein Wirken in ganz anderem Licht sehen. Laut der neusten Umfrage des spanischen Meinungsforschungsinstituts CIS beurteilen über 20 Prozent der Befragten die Franco-Zeit als «gut» bis «sehr gut».
Exemplarisch für die Verharmlosung der Diktatur steht die «Fundación Nacional Francisco Franco», eine Stiftung, die sich der Aufgabe verschrieben hat, das Erbe des Caudillos zu erhalten.
Regierung strebt Verbot der Stiftung an
Die spanische Regierung will die Fundación seit längerem verbieten. Denn es ist illegal, den Diktator öffentlich zu verherrlichen. Das ist so im Gesetz über die demokratische Erinnerung verankert, welches die linke Parlamentsmehrheit 2022 verabschiedete.
Doch mit dem Verbot der Stiftung geht es nur langsam voran. Erst vor knapp drei Wochen kündigte Kulturminister Ernest Urtasun an, er habe das Verfahren in die Wege geleitet. Definitiv darüber entscheiden wird ein Gericht.
Lügen über Lügen!
Bis dahin bleibt die Stiftung aktiv. Ihr Sitz befindet sich in ältlichen Büroräumen in Madrid. Präsident ist Juan Chicharro, ein pensionierter Marine-General. Sein Geschichtsbild ist wie aus einer anderen Welt. Angesprochen auf die Zehntausenden Opfer, die Francos blutiges Regime forderte, sagt er: «Lügen über Lügen!» Das sei eine alte marxistische Taktik: «Lügen, bis es schliesslich wahr ist.»
Und wie erklärt sich Juan Chicharro die grassierende Armut und wirtschaftliche Rückständigkeit im damals international isolierten Spanien? Er streitet sie rundweg ab. Den Armen sei es sogar besser gegangen als heute, sie hätten Arbeit, Gesundheitsversorgung und Bildung gehabt.
Doch was ist mit den Einschränkungen der Freiheit? Das Verbot von Parteien, die Rechtlosigkeit der Frauen? Es habe, sagt Chicharro und zögert kurz, eine Art autoritäres System gebraucht, «um Spanien den Übergang zur Demokratie zu ermöglichen».
Eine reichlich abstruse Argumentation, um 39 Jahre Diktatur zu rechtfertigen. Schliesslich hatte Franco in all diesen Jahren keinerlei demokratische Neigungen erkennen lassen.
Die Stiftung spielt das Leid der Opfer herunter.
Für die Regierung jedenfalls ist klar: Was die Fundación Nacional Francisco Franco vertritt, geht weit über die Meinungsäusserungsfreiheit hinaus. Es sei eine Erniedrigung der Opfer des Regimes, sagte Kulturminister Ernest Urtasun, als er vor den Medien das angestrebte Verbot ankündigte: «Die Stiftung spielt das Leid der Opfer herunter, sie schreibt die Geschichte um und versucht die Verantwortung für die Untaten den Opfern selbst zuzuschreiben.»