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Pilze sammeln mit dem potenziellen Nachfolger?
Aus Echo der Zeit vom 16.10.2019. Bild: Imago
abspielen. Laufzeit 8 Minuten 25 Sekunden.
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Spekulationen um Nachfolge Schoigu – der Mann, der Grosses vorhat

Russlands Verteidigungsminister Sergej Shoigu kann gut mit Präsident Wladimir Putin. Wie gut, wird sich erst noch weisen.

Zwei ältere Herren im Wanderoutfit sammeln Pilze. Der eine hat ein besonders schönes Exemplar gefunden. Auf dem Video wird gelacht, Freunde unter sich. Veröffentlicht wurde das Filmchen vom Kreml. Es zeigt Wladimir Putin bei einem Ausflug in die sibirischen Wälder. Der andere Mann neben ihm ist Sergej Schoigu, Putins Verteidigungsminister.

Kaum jemand aus Russlands Führungsriege scheint mit Putin einen so vertrauten Umgang zu haben wie Schoigu. Die beiden fahren immer wieder zusammen nach Tuwa, eine entlegene Region in Südsibirien. Tuwa ist für zwei Dinge berühmt: für seine unberührte Natur und dafür, dass es die Heimat von Schoigu ist.

Putin und Schoigu sitzen auf dem Waldboden.
Legende: Der russische Präsident und sein Verteidigungsminister präsentieren sich wie zwei Freunde. Kreml

Katastrophenschutzminister unter Jelzin

Der heute 64-Jährige Schoigu hat seine Karriere noch zu Sowjetzeiten begonnen, als Funktionär der kommunistischen Partei. 1991 wurde er vom damaligen Präsidenten Boris Jelzin zum Chef des Katastrophenschutzministeriums ernannt. Es ist dies eine riesige Behörde, der alle Feuerwehren, der Zivilschutz, ja selbst die Bergrettung unterstellt sind.

In dieser Zeit schafft sich Schoigu ein Macher-Image. Er will als Typ wahrgenommen werden, der Aufgaben anpackt. Vieles davon sei allerdings nur Schein, sagen Kritiker. «Schoigu ist ein Meister der Selbstdarstellung. Er hat ein grosses Maul», sagt Sergej Konvis, ein oppositioneller Verleger aus Tuwa.

Konvis kennt den Verteidigungsminister aus jungen Jahren – sie haben dieselbe Schule besucht. Er attestiert Schoigu eine hohe Anpassungsfähigkeit. Dieser verhalte sich wie ein Chamäleon, «ein sehr professionelles Chamäleon».

Ein trockener Apparatschik

Tatsächlich ist Schoigu einer der wenigen russischen Spitzenpolitiker, die sowohl unter Jelzin wie auch unter Putin gedient haben. 2012 wurde er Verteidigungsminister. Seither hat der Kreml Milliarden von US-Dollar in die Modernisierung der Armee investiert. Russland führt Krieg in Syrien und hat in der Ostukraine militärisch eingegriffen.

Als oberster Chef des russischen Militärs scheut Schoigu das Rampenlicht eher. Und wenn er mal öffentlich auftritt, dann in der Pose eines trockenen Apparatschiks.

Putin in grüner Outdoorkleidung mit Stock vor blauem Himmel.
Legende: Putin kann 2024 nicht noch einmal als Präsident kandidieren. Wer wird sein Nachfolger? Kreml

Kürzlich gab Schoigu der Tageszeitung «Moskovski Komsomolez» überraschend ein ausführliches Interview. Es sei das «erste grosse Interview seit sieben Jahren», sagte er selber. Schoigu präsentiert sich dabei als Macher, als einer, für den das wichtigste sei, seine Ziele zu erreichen.

Die russische Armee, gesteht Schoigu ein, sei früher in einem traurigen Zustand gewesen. Seitdem Putin 1999 aber die Macht übernommen habe, gehe es aufwärts. Überhaupt spricht der Minister mit grösster Hochachtung vom Präsidenten.

Wer folgt 2024 auf Putin?

In dem Zeitungsinterview bezieht der Minister auch ideologisch Stellung. Der Westen, sagt er, wolle Russland zerstören. Und aus dem Kontext wird klar: Nur eine starke Armee kann dies verhindern. Russland als belagerte Festung, von Feinden umgeben: Das ist eine Kernthese des Putinismus. Der Verteidigungsminister ist damit voll auf der Linie seines Chefs.

Das Interview hat grosses Aufsehen erregt. Manche in Moskau haben es als eine Art Bewerbungsrede gesehen. Denn Putin muss gemäss Verfassung 2024 als Präsident abtreten und braucht dann einen Nachfolger. Läuft sich Schoigu da warm? Gesichertes weiss niemand, spekuliert wird viel. Schoigu selber aber lässt sich nicht in die Karten blicken. Er schweigt zu dem Thema.

Vorerst nicht mehr als Spekulationen

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Vorerst nicht mehr als Spekulationen

Für Schoigu als Nachfolger von Putin spricht, dass er sehr loyal und im Volk beliebt ist – in den Umfragen ist er jeweils auf dem zweiten Platz hinter Putin. Ausserdem ist er ideologisch voll auf Putin-Linie. Gegen Schoigu spricht sein Alter: Er ist nur zweieinhalb Jahre jünger als Putin. Auch ist Schoigu kein ethnischer Russe, er ist zur Hälfte Tuwiner. Bislang ist nur klar: Alles über einen möglichen Nachfolger Putins ist Spekulation. Man kann bloss versuchen, die Zeichen zu lesen, wissen tut niemand etwas. Hinzu kommen Spekulationen in Moskau, ob Putin 2024 überhaupt abtreten will – oder ob er nach einer Möglichkeit sucht, die in der Verfassung enthaltene Beschränkung auf zwei Amtszeiten als Präsident zu umgehen.

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20 Kommentare

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  • Kommentar von Peter Mueller  (Elbrus)
    Autor Nauer ist da weit voreilig. Es reicht bei weitem nicht, Putins Kumpel beim Fischen, Hockey und Wandern zu sein um als Kandidat für das Präsidenten Amt in Frage zu kommen. Shogiu ist zu wenig eloquent um als Nummer 1 gewählt zu werden.
    Die Chancen stehen gut wenn man im Russischen Sicherheitsrat ist - regelmässig auch mit Ausländischen Staatshäuptern verkehrt. Je nach (Sicherheits) - Lage - werden die Chancen für Geheimdienstleute wie Auslandschef Naryshkin oder Patrushev eher besser.
  • Kommentar von Hans Bernoulli  (H.Bernoulli)
    Ideologisch? Dass der Westen Russland zerstören wolle ist ein alter Traum westlicher Oligarchen und Wolfowitz-Doktrin. Auch Brzezinski wollte Russland in kleinere Staaten zerfallen sehen. Die USA haben dafür in Tschetschenien Islamisten finanziert, die Russen in der Afghanistan-Falle gelockt (Brzezinski-Plan), Russland mit Militärstützpunkten umzingelt usw. Höhepunkt bisher war der Putsch in der Ukraine und der Plan, auf der Krim ein Nato-Stützpunkt zu errichten.
  • Kommentar von Drago Stanic  (drago stanic)
    In Interwieus redet Schoigu von Zuständen wo russische Soldaten jede Tag in Matsch geübt haben aber nur 1 mal in Woche sich waschen dürften. Jetzt können sie jede Tag Wäsche waschen. auch bei kalten Wetter dürften Soldaten neu angerichtete Teeküche in jede Zeit besuchen. Ernährung ist viel gesunder geworden und Soldaten dürfen Vorgesetzte anzeigen wenn diese seine Macht missbraucht. Gewalts Ratte in Armee ist kleiner als in einen Stadt von 1 Mio. Einwohner.
    1. Antwort von Drago Stanic  (drago stanic)
      Herr Schoigu redet, dass damals Manöver würden angemeldet. Man hat Soldaten mit immer gleiche Waffen auf gleiche Distanz in immer gleiche Zielscheibe geübt hat um bei Manöver vor Partei hervoragende Ergebnisse zu presentieren.Dann ist man auf Idee gekommen Soldaten zu verlegen auf andere Ort, andere Zielscheibe und andere Distanz. Kein Soldat hat Zielangabe erfüllt. Deswegen sind heute Truppenverlegungen alltag. Soldaten wissen nicht wann sie stattfinden werden.
    2. Antwort von Hans Bernoulli  (H.Bernoulli)
      Eine schwache russische Armee würde die Neocons weiter von einem erfolgreichen Krieg gegen Russland träumen lassen.