Es braucht nur ein Wort, um die Kluft zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer zu öffnen: Obergrenze. Eine Obergrenze für die Zuzüge von Flüchtlingen nach Deutschland.
Seit zwei Jahren poltert CSU-Chef Seehofer gegen seine Kanzlerin und fordert eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Um die zu bekommen, ist ihm jedes Mittel recht. Am CSU-Parteitag Ende 2015 demütigt er Merkel vor der versammelten Partei und ging gar so weit, die Kanzlerin zu erpressen: Wenn sie die Obergrenze für die Flüchtlinge nicht einführe, werde sich die CSU nicht an der Regierungsbildung nach der Wahl beteiligen. Dann wäre die Schwesternpartei plötzlich Oppositionsgegnerin.
Nicht so schlimm wie früher
Die Flüchtlingskrise ist zur Belastung von Angela Merkel geworden. Wegen ihrer Willkommenspolitik hat sie in der Bevölkerung Punkte verloren und der Streit zwischen den beiden Schwesterparteien CDU und CSU ist neu entbrannt. Es scheint, dass die Geschwister noch nie so verzankt waren wie heute.
Allerdings: Der Anschein trügt. Auf die Spitze getrieben hatten es die beiden Streithähne Helmut Kohl und Franz Josef Strauss. Der langjährige CSU-Chef Strauss war dabei weiter gegangen als sein Nachfolger Seehofer, hatte die Trennung von CSU und CDU vorangetrieben und bei der sogenannten Wienerwald-Rede gehörig auf Kohl eingedroschen – zumindest verbal.
«Helmut Kohl wird nie Kanzler werden. Er ist total unfähig dazu», polterte Strauss 1976. «Es fehlen die charakterlichen, die geistigen und die politischen Voraussetzungen.» Letztlich wurde er Lügen gestraft: Kein einziger Kandidat blieb so lange im Amt wie Helmut Kohl – ganze 16 Jahre, von 1982 bis 1998. Und Strauss war derjenige, der vergebens auf das Kanzleramt gehofft hatte.
Für einen Monat getrennt
Auch bei der Trennung von CDU und CSU musste Strauss eine Niederlage einstecken: Am 19. November 1976 beschlossen die Bayern, sich von der CDU zu trennen. Nicht mal einen Monat später musste Strauss zurück buchstabieren – die Union blieb bestehen, bis heute.