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Stabilität auf dem Balkan Noch erfüllt Kosovo nicht alle Bedingungen

Visafreiheit im Schengenraum: Nach der Abstimmung über den Grenzstreifen kommt der Kampf gegen Korruption.

Die EU hat den Politikern in Kosovo schon lange klar gemacht: Entweder ihr stimmt dem Abkommen mit Montenegro zu und leistet damit einen Beitrag zur Stabilität auf dem Balkan oder die Bevölkerung eures Landes muss weiterhin für jede Reise in die Schengen-Zone ein Visum beantragen, mit den damit verbundenen hohen Kosten und dem mühsamen Anstehen bei der Botschaft.

Das war schon ein massiver Druck, denn für die vielen jungen Bewohner Kosovos fühlt sich die aktuelle Situation wie das Leben in einem Gefängnis an. Alle anderen Länder des Balkans brauchen schon lange keine Visa mehr.

Tränengas gegen vermeintlichen Verrat

Trotzdem reichte der Druck nicht. Den nationalistischen Politikern in Pristina war jeder Quadratmeter hoch oben in den Bergen, mehr wert als alles andere, auch wenn dort an der Grenze zu Montenegro im Sommer höchstens ein paar Schafe und Ziegen weiden. Die Abgeordneten der links-nationalistischen Partei Vetevendosje warfen immer wieder Tränengas-Bomben im Parlament, um – wie sie sagten – ihre Ratskollegen davor zu schützen, dass sie das Vaterland verraten.

Der Status von Kosovo

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Plakat mit Herzen zur Unabhängigkeit Kosovos 2008
Legende: Keystone

Der völkerrechtliche Status von Kosovo ist umstritten. Kosovo war Teil der Sozialistischen-Föderativen Republik Jugoslawien. Danach gehörte das Land zu der 1992 neu konstituierten Bundesrepublik Jugoslawien. 1998 bis 1999 tobte ein Krieg um die Kontrolle des Gebietes. Ab 2003 galt Kosovo als Teilrepublik Serbiens. 2008 proklamierte das kosovarische Parlament die Unabhängigkeit. Von den 193 Mitgliedstaaten der UNO erkennen 112 Kosovo an.

Jetzt aber wurde der Druck von aussen offensichtlich massiv erhöht. Zwei andere Parteien, die vor einem Jahr noch zu den eingefleischten Gegnern des Abkommens gehörten, sind jetzt in der Regierung und haben vor kurzem ihre Meinung geändert. Dazu gehört auch Regierungschef Ramush Haradinaj.

Ramush Haradinaj
Legende: Ramush Haradinaj ist der Regierungschefs in Kosovo. Er unterstützt neu die Visafreiheit. Reuters

Destabilisierende Einflüsse von Russland und der Türkei

Der verstärkte Druck kommt erst einmal von der EU, die gemerkt hat, dass sie auf dem Balkan aktiver werden muss, um destabilisierende Einflüsse Russlands und der Türkei zu neutralisieren.

Noch mehr Druck kommt aber von den Diplomaten der USA, die auf dem Balkan das gleiche Ziel verfolgen. In den letzten Tagen sind hochrangige Emissäre aus Washington durch die Gegend getourt und der US-Botschafter in Pristina hat den kosovarischen Parlamentariern gestern öffentlich erklärt, was sie zu tun haben. Das hat offenbar gereicht, um den Knoten zu lösen.

Das Sicherheitspersonal im kosovarischen Parlament mit Gasmasken.
Legende: Nach der Tränengasattacke: Das Sicherheitspersonal im kosovarischen Parlament mit Gasmasken. Reuters

Die Frage ist jetzt nur, wie lange es dauert, bis die Bevölkerung Kosovos tatsächlich ohne Visum durch Europa reisen kann. In den Bedingungen für die Visumsfreiheit steht auch, dass Kosovo aktiv gegen die grassierende Korruption vorgehen muss. Diese ist nämlich der Hauptgrund, wieso das Land nicht aus Armut und Arbeitslosigkeit herauskommt.

Wie schnell entscheidet die EU?

Erteilt die EU die Visumsfreiheit jetzt sofort, gibt sie den links-nationalistischen Tränengas-Werfern recht. Sie sagten, die Regierung wolle den Landstrich in den Bergen nur an Montenegro verschenken, damit nichts gegen ihre korrupten Geschäfte unternommen werde.

Zögert die EU die Visumsfreiheit aber weiter hinaus, enttäuscht sie die jungen Kosovaren, die sich eingesperrt fühlen und produziert damit potentielle EU-Skeptiker.

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