Es waren erstaunliche Szenen, die sich vor kurzem an der Universität im australischen Queensland abgespielt haben. Demonstranten solidarisierten sich mit den Protestierenden in Hongkong, als plötzlich chinesische Studenten angriffen und auf die Demokratiebefürworter losgehen.
Den China-Experten und Professor Clive Hamilton erstaunen solche Übergriffe nicht. Wie andere Warner glaubt er, die Schläger funktionierten als heimliche Agenten für China. «Von der Zeit im Kindergarten an unterliegen chinesische Kinder und Studenten in Australien einer ideologischen, patriotischen Gehirnwäsche.»
Studenten, die sich im Ausland fanatisch für ihr Heimatland einsetzten, seien nur ein Symptom dessen, was Hamilton die «stille Invasion Australiens» nennt. Die Invasion durch die kommunistische Partei Chinas über ihre vielen Ableger im Ausland greife bis in die Wurzeln der australischen Demokratie.
«Die politische Elite in Australien ist auf allen Stufen beeinflusst», sagt Hamilton. Was nach einer Verschwörungstheorie tönt, erhält immer mehr Substanz. Am Wochenende packte in Sydney ein abgesprungener chinesischer Ex-Spion aus.
China ist von marxistisch-leninistischer Ideologie getrieben.
Peking unterwandere die Demokratie Australiens mit verdeckten Mitteln, so Hamilton. Stunden später bestätigte der australische Geheimdienst, chinesische Agenten hätten mit einer Millionenspende einen Doppelbürger für die Wahl ins nationale Parlament unterstützen wollen.
Doch auch politisch wenig relevante Aufsichtsgremien wie Museen oder Gemeindegruppen stünden im Fadenkreuz, sagt Hamilton. Und immer mehr australische Ex-Politiker, unter ihnen der frühere Handelsminister Andrew Robb, stünden als Lobbyisten im Solde Pekings. Reiche chinesische Geschäftsleute unterstützten die australischen Parteien und einzelne Parlamentarier mit Spenden.
Angriff auf Spitäler und Krankenkassen
Australische Geheimdienste warnen schon lange vor dem Einfluss Chinas: Spionage, direkt und indirekt, Diebstahl von intellektuellem Eigentum oder Hackerangriffe.
Neu hätten es chinesische Agenten auf Spitäler und Krankenkassen abgesehen, sagt Hamilton, auf kompromittierende Informationen. «Wenn sie entdecken, dass der Verteidigungsminister oder der Armeechef an Syphilis leiden, sind das Informationen, die sich zur Erpressung eignen.»
Spionieren – das machen auch andere Staaten. Selbst Australien.
Andrew Hastie, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses, ist einer der lautesten Warner. «China ist von marxistisch-leninistischer Ideologie getrieben», so der Parlamentarier.
Die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Wachstumslandes habe den Westen geblendet. Ob Kohle, Eisenerz, Fleisch oder Versicherungen: 38 Prozent der Exporte Australiens gehen nach China. 130 Milliarden Franken pro Jahr bringen sie ein.
Doch Hasties Meinung wird nicht überall geteilt. Richard McGregor ist Experte für australisch-chinesische Wirtschaftsbeziehungen. «Ich denke nicht, dass Australien von den wirtschaftlichen Möglichkeiten geblendet ist, die China bietet.» Das Land habe sie einfach genutzt. So wie viele andere Länder der Welt das auch täten. Und: «Spionieren – das machen auch andere Staaten. Selbst Australien.»