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Streit ums kostbare Gut Ein Dusch-Dekret erhitzt die italienischen Gemüter

Alle Strandbäder in Italien müssen den Badegästen künftig Duschen mit Trinkwasserqualität anbieten. Ein Aufschrei hallt durchs Land.

Im Liegestuhl entspannen, baden und danach duschen. So simpel und schön kann der Sommer in Italien sein. Dieses Jahr soll aber etwas Entscheidendes anders werden: Aus der Dusche im Strandbad soll Trinkwasser spritzen. Eine neue Vorschrift, die es durchaus in sich hat – in einem Land, das zuweilen eher zu wenig Wasser in guter Trinkqualität hat.

Wider den Wildwuchs

In Italien sind die meisten Strände «a pagamento». Man muss Eintritt bezahlen, meist nicht zu knapp. Dafür aber bekommt man einen Liegestuhl zugewiesen, einen Sonnenschirm, eine Umkleidekabine. Und zuweilen wacht auf einem Hochsitz ein Bagnino, ein Bademeister, über das Treiben am Strand. Ebenso wichtig aber ist es, dass es Duschen gibt, um sich nach dem Meer oder Sonnenbad klebrigen Sand, Salz oder Schweiss vom Körper zu spülen.

Frau duscht an Strand in Palermo
Legende: Ob das Wasser aus der Stranddusche Trinkwasserqualität hat oder nicht, dürfte den meisten Badegästen bislang verborgen geblieben sein. Reuters/Igor Petyx

Bisher gab es zum Wasser, das aus den Duschen spritzt und zuweilen auch nur tröpfelt, keine eindeutigen Vorschriften. Es herrschte Wildwuchs. In der Emilia-Romagna zum Beispiel, also etwa in Riccione oder Cattolica, fliesst schon heute Trinkwasser aus den Brausen, nicht aber in Kalabrien oder in der Toskana.

Dort fassen die Strombetreiber das Duschwasser oft in privaten Brunnenstuben. Dieses Wasser eignet sich zum Waschen, aber nicht zum Trinken. Bisher hat das kaum jemanden gestört, und auch von Problemen wird nicht berichtet. Und trotzdem hat Italien nun die Vorschrift erlassen, ab diesem Sommer müsse aus allen Duschen Trinkwasser fliessen.

So manche Vorschrift wartet auf ihre Umsetzung

Nur gibt es davon im Zeichen des Klimawandels in manchen Gemeinden schon heute nicht genug. Und an einen entlegenen Strand innert weniger Wochen eine Trinkwasserleitung zu legen, wird kaum möglich sein. Darum hallt ein Aufschrei über die Strände des Stiefellandes. Es ist allerdings nicht der einzige, denn der Vorschriften gibt es viele.

Zum Beispiel jene, dass alle Gemeinden ihre Abwässer aufbereitet und nur geklärt ins Meer leiten sollen. Oder dass der italienische Staat alle Strandlizenzen neu ausschreiben muss, um so zu verhindern, dass die alteingesessenen Strandbetreiber nur lächerlich tiefe Pachtzinsen bezahlen. Diese Vorschriften warten schon lange auf ihre Umsetzung. Unterlegt wird das Warten vom endlosen Wellenschlag an den Küsten Italiens.

Und es spricht vieles dafür, dass auch beim Duschwasser irgendwo eine lange Bank oder eine Hintertür gefunden wird. Denn es gibt Dinge, da verstehen Italienerinnen und Italiener keinen Spass. Und das sommerliche Bad am Meer mit anschliessender Dusche jedweder Wasserqualität gehört definitiv dazu.

Rendez-vous, 19.03.2024, 12:30 Uhr;kobt

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