Es ist ein historischer Moment: Das US-Repräsentantenhaus hat die beiden Anklagepunkte gegen Präsident Donald J. Trump abgesegnet und die Absetzung des Republikaners empfohlen.
Nun müssen die Senatoren in der kleinen Kammer als «Geschworene» entscheiden, ob sie den Mann im Weissen Haus auch für schuldig befinden und Trump aus dem Oval Office entfernen wollen.
Eine entscheidende Rolle in dieser Frage spielt der Mehrheitsführer im Senat – Mitch McConnell. Der Senator aus dem US-Bundesstaat Kentucky macht keinen Hehl daraus, wie er seine Rolle im Amtsenthebungsverfahren sieht. «Ich bin kein unparteiischer Geschworener.» Vielmehr gibt er zu Protokoll: «Das ist ein politisches Verfahren.»
Der 77-jährige Politikveteran hat eine «vollständige Koordination» mit dem Weissen Haus versprochen. Im Amtsenthebungsverfahren im Senat dürfte sich der Republikaner schützend vor Präsident Trump stellen.
Seit 1985 sitzt McConnell im Senat. Als Mehrheitsführer der kleinen Kammer hat er das Recht, die Verfahrenszügel im Impeachment-Verfahren in der Hand zu halten. Der Polittaktiker wird massgeblich beeinflussen, in welcher Form und in welchem Zeitraum der Prozess im Senat gegen den US-Präsidenten andauern wird.
McConnell will keine neuen Zeugen
In diesem Zusammenhang wird McConnell darüber befinden, ob der US-Senat in der Ukraine-Affäre neue Zeugen anhört. Die Demokraten fordern seit Wochen, dass der ehemalige Nationale Sicherheitsberater John Bolton im Amtsenthebungsverfahren aussagt.
Dasselbe gilt für den amtierenden Stabschef Mick Mulvaney. Dieser hatte in einer Pressekonferenz im Weissen Haus die Verfehlungen des Präsidenten indirekt eingestanden.
McConnell dürfte aber versuchen, den Prozess gegen Trump möglichst rasch abzuwickeln.
McConnell kultiviert das «Sensenmann»-Image
Es wäre nicht das erste Mal, dass McConnell seine Macht ausspielt. Der Republikaner kultiviert sein Image als «Sensenmann». Bereits als Minderheitsführer im Senat zwischen 2007 und 2015 trieb er die Demokraten mit Verfahrenstricks zur Weissglut.
Mit diesem Vorgehen hat sich McConnell viele Feinde gemacht. Zu stören scheint ihn das nicht. Vor Jahren verglich er sich einmal scherzhaft mit Star-Wars-Bösewicht «Darth Vader».
Spuren der Kinderlähmung sichtbar
Im Alter von zwei Jahren erkrankte er an Kinderlähmung. Von der Infektion bleibt bis heute ein leichtes Hinken zurück. Als 13-Jähriger zog McConnell mit seinen Eltern nach Kentucky. Dort studierte er später Politik und Jura.
Nach Jahren in der Lokalpolitik kandidierte er 1984 erfolgreich für den Senat. Seine zweite Ehefrau Elaine Chao ist ausserdem unter Präsident Trump Verkehrsministerin.
Der Senator ist somit Teil des Politik-Establishments. Dieser Umstand stellt auch seine Schwäche dar. Ob McConnell von der Rolle als Trump-Beschützer profitiert, ist eine offene Frage. Der Republikaner stellt sich im November 2020 zur Wiederwahl, sieht sich aber mit einer zähen Widersacherin konfrontiert. Ihr Name: Amy McGrath.
Die einstige Kampfpilotin verzichtet im Wahlkampf im konservativen Kentucky weitgehend auf Attacken gegen Präsident Trump. Den Mehrheitsführer McConnell hingegen greift die F/A18-Pilotin wiederholt frontal als Inbegriff des politischen Establishments in Washington an – mit offenem Ausgang.