Die Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea intensiviert sich. Sie verläuft jedoch keineswegs ausgewogen. Das zeigt eine Studie im Auftrag des Korea-Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Büroleiter Frederic Spohr erläutert die Ergebnisse.
SRF News: Was hat Sie am meisten erstaunt?
Frederic Spohr: Mich hat überrascht, wie stark die Diskrepanz ist zwischen dem, was Nordkorea wohl nach Russland liefert und dem, was es unmittelbar zurückbekommt. Das zeigt womöglich, dass das Verhältnis zwischen den beiden Staaten über das eines einfachen Tauschhandels hinausgeht.
Das Verhältnis zwischen Russland und Nordkorea ist womöglich enger, als wir geglaubt haben.
Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass das Verhältnis zwischen Russland und Nordkorea enger ist, als wir geglaubt haben.
Nordkorea stellt Russland unter anderem Waffen, Munition und Soldaten im Krieg gegen die Ukraine zur Verfügung. Was erhält Pjöngjang im Gegenzug von Moskau?
Russland lieferte Öl, Treibstoffe oder Nahrungsmittel. Zudem dürften militärische Güter geliefert werden, wenn auch in sehr begrenzter Menge. Auch etwas technologische Hilfe kam wohl aus Russland, wenn auch bislang in bloss sehr bescheidenem Ausmass.
Was hat Russland nicht geliefert, was Nordkorea brauchen könnte?
Die nordkoreanische Bevölkerung leidet immer noch Hunger, die Versorgungslage ist extrem schlecht. Und bislang sind aus Russland nicht ausreichend Rohstoffe, Devisen und Nahrung nach Nordkorea gekommen, um die Lage zu verbessern. Wenn Moskau eine adäquate Gegenleistung – vor allem zu den immensen Waffenlieferungen aus Nordkorea – erbracht hätte, müsste das in den Daten zur nordkoreanischen Wirtschaft zu sehen sein, dann müsste etwa die Inflation sinken.
Wenn Nordkorea so wenig materielle Gegenleistungen erhält, wieso haben die Machthaber in Pjöngjang überhaupt ein Interesse an dieser Beziehung?
Die Kosten der Unterstützung für Russland trägt ja nicht Diktator Kim Jong-un – er streicht nur den Gewinn ein. Die Kosten trägt die nordkoreanische Bevölkerung. Etwa, indem die Wirtschaft stark auf Kriegswirtschaft umgestellt worden ist. Jetzt wird Munition für Russland hergestellt – und nicht mehr Produktionsgüter.
Wahrscheinlich fliesst Geld auf irgendwelche russischen Geheimkonten von Kim Jong-un.
Und in der Ukraine sterben derweil die nordkoreanischen Soldaten. Kim kann als eigentlicher Sieger des Deals angesehen werden, denn wahrscheinlich fliesst Geld auf irgendwelche seiner Geheimkonten, womöglich in Russland. Ausserdem erfährt er politisch eine enorme Aufwertung als Partner von Putin.
Können die ungleichen Beziehungen zwischen Pjöngjang und Moskau mittelfristig zum Problem werden?
Das kann schon sein. Doch Nordkorea ist offenbar gewillt, eine recht starke Asymmetrie zu akzeptieren. Zwar hat das nordkoreanische Regime einen schlechten Deal mit Putin. Aber damit ist seine Situation immer noch viel besser als vor dem Grossangriff Russlands auf die Ukraine. Da war Nordkorea international noch viel stärker isoliert und hatte weit weniger Austauschmöglichkeiten mit dem Ausland.
Das Gespräch führte Julius Schmid.