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Stundenhotels in Buenos Aires Argentinische Hoteliers hoffen auf mehr Sex

Stundenhotels sind wichtig in Lateinamerika, wo Grossfamilien wenig Intimität erlauben. Doch die Etablissements darben.

In Argentinien muss sich Politik mit dem Thema Beischlaf auseinandersetzen: Im Stadtparlament von Buenos Aires ist ein Antrag hängig, der den Stundenhotels und ihrer Kundschaft das Dasein erleichtern will. Swingerpartys und Gruppensex sollen in diesen Etablissements neu erlaubt sein.

Ein Stundenhotel-Schwund

Derzeit gibt es auf dem Stadtgebiet von Buenos Aires noch 140 Stundenhotels. Vor zehn Jahren waren es noch 50 mehr. Die hohe Jahresteuerung, ständig teurere Zimmertarife und hohe Betriebskosten – das sind die wichtigsten Elemente der branchenweiten Krise.

Die Stundenhotels sind Begleiterscheinungen des Lebens in Lateinamerika. Es ist üblich, dass junge Leute bis zum Abschluss ihrer Ausbildung oder bis zur Heirat mit den Eltern zusammenleben. Entsprechend rar ist der Platz für Intimitäten: Der Wohnraum ist hoffnungslos überbelegt, wenn in einer Dreizimmerwohnung neben Mutter, Vater und Nachwuchs auch noch Cousins, Tanten oder Grossmütter residieren.

Ein Stundenhotel kann da wie gerufen kommen. Zumal es nicht die schäbigen Absteigen sind, die die abwertende Bezeichnung vermittelt: Die besseren der

Etablissements locken die Kundschaft mit thematischen Zimmern wie Ägypten- oder Regenwald-Suiten samt einem Spa-Bereich. Auch wenn das Wichtigste das Bett ist und bleibt.

Hotelzizimmer in violettem Licht.
Legende: Nicht einfach billige Absteigen: So auch das Das Uman-Stundenhotel in Buenos Aires. umanhotel

Ein flotter Dreier im Stundenhotel

In Buenos Aires gilt die Vorschrift, dass pro Zimmer nur ein Paar verkehren darf. In Zeiten sinkender Bettenbelegung ist das ein Handicap. Zumal die

Anfragen von Leuten konstant hoch sind, die in den einschlägigen Häusern gerne einen Dreier oder Vierer ausprobieren würden – oder gar eine Swingerparty. Darauf lassen sich die Stundenhotel-Betreiber heute nicht ein.

Denn die Behörden könnten den Betrieb ohne viel Federlesens schliessen. Laut der aus der Zeit der letzten argentinischen Militärdiktatur stammenden Verordnung sind die Etablissements für den Beischlaf nur solange geduldet, als sie nicht gegen die Regeln verstossen.

Moralvorstellungen aus dem letzten Jahrhundert

Überhaupt: Die Regulierungswut über die Intimitäten ausserhalb der eigenen vier Wände erinnert noch stark an die muffigen Moralvorstellungen aus dem letzten Jahrhundert. Erst seit 1997 dürfen auch gleichgeschlechtliche Paare in den Stundenhotels von Buenos Aires absteigen. In der Praxis hat sich die Gleichberechtigung allerdings nie durchgesetzt: Es gibt ein Nebeneinander von Hotels für hetero- und homosexuelle Paare.

Ein Mitglied des Stadtparlaments will nun neues Leben in die Betten der Stundenhotels zaubern. Mit der Begründung, der Staat könne sich heute auch in Lateinamerika nicht mehr anmassen, Regeln für die Hotels aufzustellen, die für Intimitäten geschaffen worden sind.

Bessere Auslastung dank mehr Sex

Er plädiert dafür, die Fesseln zu sprengen. Die Hotels könnten sich dann der offenbar wachsenden Swinger-Gemeinde öffnen und ihre Auslastung und Rentabilität steigern. Ferner dürften sie mit Anzeigen in den Print- und Internetmedien auf ihre Dienstleistungen hinweisen, ebenso mit Werbung

im öffentlichen Raum. Das alles ist ihnen bis jetzt untersagt.

Über eine der vorgeschlagenen Neuerungen aber kann man leicht ins Grübeln kommen: In Zukunft sollen die Stundenhotels auch Einzelgängern zugänglich sein. Was es damit auf sich hat, das muss der Bettenalltag in den Etablissements erst noch zeigen.

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