Die frühere südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye ist wegen Korruption zu 24 Jahren Haft und 16 Millionen Franken Geldstrafe verurteilt worden. Das sei ein hartes Urteil, findet der Journalist Martin Fritz in Japan.
SRF News: Ist das Strafmass eine Überraschung?
Martin Fritz: Nein. Es wurde in dieser Höhe erwartet. Park wurde nur in drei von 19 Anklagepunkten freigesprochen. Ausserdem war bereits ihre Vertraute, Choi Soon-sil, zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sie hat den grössten Teil des Geldes eingesteckt, das Park von Industriekonzernen gefordert haben soll. Deshalb war für Park eine vergleichbare Strafe erwartet worden.
Besonders der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei Park hat die Südkoreaner aufgeregt.
Wird Park die 24 Jahre absitzen müssen?
Wir sollten davon ausgehen, dass die jetzt 66-Jährige nicht bis an ihr Lebensende hinter Gittern sitzen wird. Bisher sind vier Präsidenten Südkoreas nach ihrer Amtszeit im Gefängnis gelandet, zwei davon rechtskräftig. Einer wurde zum Tod verurteilt, der andere zu 22 Jahren Haft. Beide sind jeweils nach zwei Jahren begnadigt worden und kamen auf freien Fuss. Vielleicht dürfte es bei Park nicht ganz so schnell gehen. Immerhin ist sie ja als erste Präsidentin wegen ihrer mutmasslichen Vergehen auch abgesetzt worden.
Korruption an der Staatsspitze ist in Südkorea kein neues Phänomen. Weshalb jetzt dieses harte Urteil?
Das muss man politisch interpretieren. Mit ihren Vergehen hat Park eine enorme Volksbewegung ausgelöst, die zu ihrer Absetzung vor gut einem Jahr geführt hat. Besonders der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei Park hat die Südkoreaner aufgeregt. Sie hatte versprochen, nicht korrupt zu sein, um ihre Familie zu versorgen, weil sie keine habe. Dieses Versprechen hat sie brutal gebrochen.
Wird sie das Urteil anfechten?
Das ist wahrscheinlich. Park hat den Prozess von Anfang an als politischen Rachefeldzug der Linken und Liberalen in Südkorea gegen sie selbst als eine Ikone der Konservativen bezeichnet. Sie hat jede Schuld abgestritten, und daher denke ich, dass sie bis zur letzten Instanz in Berufung gehen wird.
Das Gespräch führte Miriam Knecht.